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Brief vom 4. Juli 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1341.


[425]

A madame Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.

St Clou den 4 Julli 1722 (N. 8).
Hertzallerliebe Louise, ob ich zwar heütte abscheüllich matt bin undt meine schwachheit arger, alß nie, verspüre, so will ich Eüch doch heütte noch schreiben, ehe ich nach bett gehe. Ich bin heütte, wie ordinarie, zu Madrit geweßen, habe versuchen wollen, ob ich ein wenig spatzir[e]n konte, aber ich bin nur zum endt deß kleinen parter[r]e gangen, so war ich gleich erschnaufft, muste mich setzen undt hatte abscheülich vapeurs. Aber davon zu sprechen, gibt mir vapeurs, last unß, liebe Louise, von waß anderst reden! Ich muß bey dem nohtwendigsten ahnfangen, ich mogte es sonst vergeßen; den mein boß gedachtnuß ist arger, alß nie; daß thut, wie ich alß sage, daß liebe alter. Waß ich den sagen will, ist, [426] liebe Louise, daß ich Eüch bitte, ahn meinen vettern, printz Carl von Philipsthal, zu sagen, daß ich sein schreiben von 18 Juni vor 2 tagen entpfangen, nehmblich vorgestern, kan ihm aber noch nicht andtwortten, weillen ich meinem[1] sohn seyder dem nicht gesehen. So baldt ich ihm aber sein schreiben werde geben haben, werde ich ohnfehlbar andtwortten undt Eüch den brieff schicken, liebe Louise, wie er es begehrt. Ich habe ihm übel[2] Hollandt undt den Haag geschriben, fürchte, daß mein bri[e]ff wirdt verlohren gangen [sein]. Aber ich komme jetzt auff Ewer liebes schreiben vom 16 Juni, no 45. Auß waß ich Eüch in ahnfang dießes brieffs gesagt, werdet Ihr ersehen, daß ich eben bin, wie ich geweßen, kan nicht eßen mitt apetit. Mitt dem schlaff gehts woll. Ich habe, so warm es auch ist, nicht warm gehabt; den gantzen tag bin ich in mein cabinet, wo es recht kühl ist. Die schlaff-cammer hir ist nicht so kühl, alß daß cabinet, aber ich habe noch nicht geschwitzt nachts, sondern schlaffe woll. Jetzt würde es mir wenig helffen, liebe Louise, wen ich gleich, wie ich offt gewünscht, bey gutten freünden ahn taffel sein konte. Eine gutte kalte schal ist gutt bey dem wetter zu eßen. Ich wolte Eüch gern lenger schreiben, aber meine krafften laßen mirs nicht [zu], muß nur noch sagen, daß ich fürcht, daß der churprintz von Saxsen[3] mehr passion hatt, zahme jager so[4] jagen undt zu fangen, alß wilde thier[5]. Keine rivallin wirdt er seine[r] gemahlin[6] geben. Ahn monsieur le Roy habe ich graff Degenfelt brieff woll bestelt. Adieu! Ich muß wider willen endten undt nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. Juli 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 425–426
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1341.html
Änderungsstand:
Tintenfass