[496]
[1]
A freüllen Caroline, raugraffe.
St Clou den 13 October 1680.
Hertzliebe Caroline, es ist mir unmöglich geweßen, Eüch eher,
alß nun, auff Ewer schreiben zu antwortten, so woll wegen aller
vissitten, so ich entpfangen habe undt geben müßen, alß auch wegen
alle brieffe, so ich entpfangen habe undt beantworten müßen, undt
zum 3ten wegen meiner unaußsprechlichen großen trawerigkeit undt
viellem schreyen hab ich eine solche groß kopffpein gehabt, das ich
nicht auß den augen hab sehen können, viel
[2] geschweygen
schreiben. Auß dießem letztem article könt Ihr leicht erahten, wie es
mir zu muhte geweßen, alß ich die abscheüliche zeittung, unßer
verlust, vernohmen, undt noch ist. Ja, ich bin woll Ewerer
meinung, das es mitt wortten nicht kan außgesprochen werden undt das
allein die krafft von oben herab [mich] erhalten undt verhindert, das
ich nicht über dießer zeittung von sinnen kommen oder todt vor
[497]
schrecken niedergefahlen bin. Was aber Eüch undt Ewere
geschwisterig betrifft, so könt Ihr woll versichert sein undt sie alle auch
von meinetwegen versichern, das ich Eüch von gantzem hertzen in
alles dinnen werde, was in meinem vermögen stehen wirdt, undt
ob ich zwar woll weiß, das mein bruder von einem solchen gutten
naturel ist, das er Eüch, alß I. G. unßers herrn vattern seeligen
kinder, nie verlaßen wirdt, so hab ich ihm doch deßwegen
geschrieben undt Ewer interesse ihm starck recommandirt. Ich weiß gantz
undt gar nichts von Ewern affairen, kan also noch nicht recht
sehen, worinen ich Eüch werde recht helffen können; derowegen
were es rahtsam, das Carllutz eine reiße her thete, umb mich von
alles zu instruiren, damitt wir mitt einander überschlagen mögen,
was zu thun ist, undt weillen ich Eüch unterdeßen, biß ich
Carllutz gesprochen, noch nicht würcklich helffen kan, so will ich Eüch
auffs wenigst mitt raht beyspringen; den seit versichert, das ich
Eüch nichts rahten werde, alß was ich dencke, das zu Ewerm besten
sein wirdt! Erstlich so habt Ewer vertrawen zu gott dem
allmächtigen! den der ist der weyßen rechter vatter undt verläst die
seinigen nicht. Zum andern so sucht meinem bruder in alles zu
gefahlen, in waß in Ewerm vermögen stehen wirdt! Die mittel dazu
kan ich Eüch nicht recht geben, den es ist so lang, das ich von
hauße weg bin, das ich nicht mehr weiß, wie es umb die
gelegenheitten ist; Ihr andern aber, die Ihr stehts umb ihn gewest seit,
werdet seinen humor woll kennen, drumb thut Ewer best, umb ihn
zu gewinen! Den sein grundt undt gemühte ist gutt undt ohne falsch,
drumb muß man auch auffrichtig mitt ihm handlen, undt wen Ihr
ihn einmahl werdet gewonen haben, so werdet Ihr allezeit woll mitt
ihm stehen. 3tens erweist ihm stehts einen großen respect vor
I. G. die churfürstin, undt wen Ihr I. G. waß sagen laßet, so thut
solches mitt großer soumission! Den wie sie genereux ist, so lest
sie sich durch dergleichen maniren touchiren. Das ist alles, Ihr
liebe kinder, was ich Eüch vor dießmahl auff dießen text sagen
kan. Schreibt mir umb gottes willen mitt ehestem, ob I. G. der
churfürst Eüch bey seinem seeligem abscheiden gar nichts vor mir
ahnbefohlen undt ob Ihr nicht wist, wie ich in I. G. gnade stunde!
Den was mich deßwegen in sorgen setzt, ist, das ich vor meiner
reiße zwey mahl geschrieben undt keine antwort bekommen.
Verhelt mir nichts, sondern sagt mir eygendtlich, was Ihr davon wist!
[498]
So baldt ich wißen werde, wo Carllutz ist, will ich ihm schreiben.
Ma tante von Osnabruck ist Eüch allen auch sehr woll geneigt undt
wirdt, wie ich versichert bin, auch ihr bests vor Eüch thun undt
mitt ihr werde ich alß rahtschlagen, worin ich Eüch werde dinen
können. Darauff könt Ihr fest vertrawen undt das ich allezeit Ewer
affectionirte freündin verbleiben werde.