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Brief vom 13. Oktober 1680

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Caroline zu Pfalz


2008.


[496] [1]

A freüllen Caroline, raugraffe.

St Clou den 13 October 1680.
Hertzliebe Caroline, es ist mir unmöglich geweßen, Eüch eher, alß nun, auff Ewer schreiben zu antwortten, so woll wegen aller vissitten, so ich entpfangen habe undt geben müßen, alß auch wegen alle brieffe, so ich entpfangen habe undt beantworten müßen, undt zum 3ten wegen meiner unaußsprechlichen großen trawerigkeit undt viellem schreyen hab ich eine solche groß kopffpein gehabt, das ich nicht auß den augen hab sehen können, viel[2] geschweygen schreiben. Auß dießem letztem article könt Ihr leicht erahten, wie es mir zu muhte geweßen, alß ich die abscheüliche zeittung, unßer verlust, vernohmen, undt noch ist. Ja, ich bin woll Ewerer meinung, das es mitt wortten nicht kan außgesprochen werden undt das allein die krafft von oben herab [mich] erhalten undt verhindert, das ich nicht über dießer zeittung von sinnen kommen oder todt vor [497] schrecken niedergefahlen bin. Was aber Eüch undt Ewere geschwisterig betrifft, so könt Ihr woll versichert sein undt sie alle auch von meinetwegen versichern, das ich Eüch von gantzem hertzen in alles dinnen werde, was in meinem vermögen stehen wirdt, undt ob ich zwar woll weiß, das mein bruder von einem solchen gutten naturel ist, das er Eüch, alß I. G. unßers herrn vattern seeligen kinder, nie verlaßen wirdt, so hab ich ihm doch deßwegen geschrieben undt Ewer interesse ihm starck recommandirt. Ich weiß gantz undt gar nichts von Ewern affairen, kan also noch nicht recht sehen, worinen ich Eüch werde recht helffen können; derowegen were es rahtsam, das Carllutz eine reiße her thete, umb mich von alles zu instruiren, damitt wir mitt einander überschlagen mögen, was zu thun ist, undt weillen ich Eüch unterdeßen, biß ich Carllutz gesprochen, noch nicht würcklich helffen kan, so will ich Eüch auffs wenigst mitt raht beyspringen; den seit versichert, das ich Eüch nichts rahten werde, alß was ich dencke, das zu Ewerm besten sein wirdt! Erstlich so habt Ewer vertrawen zu gott dem allmächtigen! den der ist der weyßen rechter vatter undt verläst die seinigen nicht. Zum andern so sucht meinem bruder in alles zu gefahlen, in waß in Ewerm vermögen stehen wirdt! Die mittel dazu kan ich Eüch nicht recht geben, den es ist so lang, das ich von hauße weg bin, das ich nicht mehr weiß, wie es umb die gelegenheitten ist; Ihr andern aber, die Ihr stehts umb ihn gewest seit, werdet seinen humor woll kennen, drumb thut Ewer best, umb ihn zu gewinen! Den sein grundt undt gemühte ist gutt undt ohne falsch, drumb muß man auch auffrichtig mitt ihm handlen, undt wen Ihr ihn einmahl werdet gewonen haben, so werdet Ihr allezeit woll mitt ihm stehen. 3tens erweist ihm stehts einen großen respect vor I. G. die churfürstin, undt wen Ihr I. G. waß sagen laßet, so thut solches mitt großer soumission! Den wie sie genereux ist, so lest sie sich durch dergleichen maniren touchiren. Das ist alles, Ihr liebe kinder, was ich Eüch vor dießmahl auff dießen text sagen kan. Schreibt mir umb gottes willen mitt ehestem, ob I. G. der churfürst Eüch bey seinem seeligem abscheiden gar nichts vor mir ahnbefohlen undt ob Ihr nicht wist, wie ich in I. G. gnade stunde! Den was mich deßwegen in sorgen setzt, ist, das ich vor meiner reiße zwey mahl geschrieben undt keine antwort bekommen. Verhelt mir nichts, sondern sagt mir eygendtlich, was Ihr davon wist! [498] So baldt ich wißen werde, wo Carllutz ist, will ich ihm schreiben. Ma tante von Osnabruck ist Eüch allen auch sehr woll geneigt undt wirdt, wie ich versichert bin, auch ihr bests vor Eüch thun undt mitt ihr werde ich alß rahtschlagen, worin ich Eüch werde dinen können. Darauff könt Ihr fest vertrawen undt das ich allezeit Ewer affectionirte freündin verbleiben werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Oktober 1680 von Elisabeth Charlotte an Caroline zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 496–498
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2008.html
Änderungsstand:
Tintenfass