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Brief vom 21. Mai 1683

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugraf Karl Ludwig zu Pfalz


2011.


[501] [1]

Pour monsieur le raugraff.

St Clou den 21 May 1683.
Hertzallerlieb Carllutz, ich glaube, daß es Eüch nicht leydt sein wirdt, unßeren gutten freündt Haxsthaussen zu sehen; er wirdt Eüch alles verzehlen können, waß sich seyder Ewerer abreiß hir zugetragen hatt undt wie unmöglich es mir geweßen, zum schreiben zu gelangen. Von princes Toutine wirdt er Eüch auch ein hauffen sagen können, den er hatt sie offt seyderdem gesehen. Apropo, sie hatt mich gar sehr schon vor lengst gebetten, das, wen ich Eüch schriebe, solte ich Eüch ein compliment von ihrendtwegen machen. Ich hette mich schir gleich niedergesetzt undt im großen apartement papier, tinten undt federn gefordert, umb Eüch gleich dieße fröllige zeittung zu entbietten, den es war ahn dem ort, daß sie mir die commission gab. Ich erinerte mich aber gleich, das es nicht rahtsam were; auß ursachen, die Ihr woll wist, resolvirte ich mich, die sach waß geheimmer zu halten, welches den dermaßen geschehen, daß Ihr selber nichts davon eher, alß nun, erfahren habt. Ist daß nicht eine schönne undt löbliche discretion? Hette ich glauben können, daß die sach Eüch eben so sehr ahm hertzen lege, alß einen tag zu Fontainebleau, wie ich Eüch so offt auff undt ab schickte, so würde ich unahngesehen aller raisonnementen undt reflectionen Euch auffs allerbaldtste dieße freüde gegeben haben; weillen ich aber damahlen von ma tante brieffen vernahme, daß Ihr gar ge [502] schäfftig mitt Ewerem regiment weret, so hab ich gedacht, daß Eüch Mars deromaßen occupiren würde, daß Ihr Venus über eine seit setzen würde[t]. Ist diß nicht schön gegeben? Im Amadis findt man allein dergleichen. Ich weiß, daß Ihr in Eüch selber sagt: Ey, waß abgeschmackte possen! Undt hirin habt Ihr groß recht, ich gestehe es selber. Dieße albertingens possen kommen mir eben so auß lautter lange weill in dem sin, den es ist mir gar nicht auffgeraumbt heütte, bin recht leünisch, daß Christian August wider weg geht, werde Eüch auch derohalben nichts mehrs sagen, alß daß ich Eüch bitte, mich alß lieb zu behalten, undt seit versichert, daß Ihr in der welt keine trewere freündin habt, alß mich! undt weder Caroline, Louisse, noch Amelise haben Eüch lieber, alß ich.
P. S.
Biß zukünfftigen mittwogen nehmen wir eine große reiße vor, so 2 monat weren solle. Es ist mir leydt, daß ich Eüch nicht irgendts kan zu sehen grigen. Wir werden wider ins Elsaß undt ich werde unfehlbarlich wider I. G. die churfürstin zu sehen bekommen. Solte ich aber auch so glücklich werden, meinen bruder zu sehen, so werde ich Ewer nicht vergeßen, sondern mein bestes thun, damitt ich Eüch wider woll bey ihm stelle.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Mai 1683 von Elisabeth Charlotte an Karl Ludwig zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 501–502
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2011.html
Änderungsstand:
Tintenfass