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Brief vom 8. Juli 1694

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2020.


[516] [1]

Pour la comtesse Louisse, raugraffe, a Franckfort.

St Clou den 8 Julli 1694.
Gestern habe ich Ewern brieff, lieb Louisgen, vom 5/15 zu recht entpfangen. Die gutte fraw von Harting hatt mir ihn geschickt, undt damitt Ihr secht, daß ich willens bin, Eüch hinfüro fleißiger zu schreiben, so antworte ich hirmitt gleich darauff, undt weillen Ihr mir, liebe Louisse, versichert, daß meine brieffe Eüch ahngenehm sein, werde ich Eüch hinfüro deßen nicht ermangelen laßen; wir seindt einander ja nahe genung, umb einander lieb zu haben. Ich muß bekenen, daß mir greüllich bang über ma tante, der churfürstin, kranckheit war. Gott seye danck, daß dieße kranckheit sich so woll geendet hatt! Warumb sorgt Ihr, liebe Louise, daß Ewere brieffe mich incomodiren mögen? Seydt Ihr den nicht persuadirt, daß ich Eüch undt Ewere geschwisterig lieb habe? Wen daß were, wolte ich mich beschwehren, den Ihr mir großen tord thetet, mich von so bößem naturel zu glauben; wen Ihr aber meiner freündtschafft glaubt, so werdet Ihr ja auch leicht gedencken können, daß ich gerne zeittung von Eüch habe. Ma tante kan mir zeügnuß gebe[n], wie offt ich nach Eüch andern frage. Wolte gott, ich könte gelegenheit finden, Eüch zu dinnen! würde es von hertzen gerne thun. Ihr habt Eüch woll nicht betrogen, liebe Louisse, indem Ihr gemeint, daß ich mich nach Wisbaden gewünscht habe; mich deücht, ich würde getröster sterben, wen ich ma tante undt oncle noch einmahl gesehen hette. Eüch undt Ewere geschwister mögte ich [517] auch woll noch einmahl wider sehen, es ist aber schwerlich zu glauben, daß dießes geschehen wirdt; solte es sich aber, so unvermuhten es auch scheindt, zutragen, so versichere ich Eüch, daß ich Eüch von hertzen ambrassiren würde. Ich mißgone Euch undt Amelise, wie auch Carl Moritz daß glück nicht, ma tante undt oncle auffzuwartten, ich mögte es aber von hertzen gerne mitt Eüch theyllen. Weillen Ihr etlich mahl nach Hannover könt kommen, so können Eüch die abreißen weniger schmertzen, den die hoffnung erhelt, einander wider zu sehen. Ahn die Pfaltz kan ich nicht ohne threnen gedencken. Es jammert mich, daß herr Max so verendert ist. Wo seindt seine schwestern hinkommen, alß die Wolmersheüßerin, fraw von Brun undt freüllen Charlotte? Der herr Fabricius muß doch nun nicht jung mehr sein, den es ist lange, daß ich ihn bey herren von Seltz s. gesehen habe; er ist woll lobenswehrt, den armen Pfältzer bey zu stehen. Der, den Ihr den lehen-probst heist, ist es unßer Sejanes oder sein bruder, der Fuchs, so bey meinem bruder s. geweßen ist? Undt weillen dieße gutte, ehrliche Pfältzer sich meiner noch erinern, bitte ich Eüch, liebe Louisse, sie alle von meinetwegen zu grüßen. Wo ist herr Ferdinandt von Degenfelt nun? den Ihr nent ihn nicht. Wie kan herr Max sich resolviren, so viel kinder in dießen bößen zeitten daher zu setzen? Caroline thut woll, daß sie nicht in London bleibt, den ich habe allezeit gehört, daß die lufft ungesundt dort. Aber unter unß gerett, ich fürchte, daß des ducs de Chomberg jalousser humor sie ehr auffs landt führt, alß die böße lufft. Ich erschrecke, wen ich dencke, daß Caroline, die ich so gar ein klein kindtgen gesehen, schon 8 kinder gehabt hatt; daß macht mich gantz descripit. Daß alter melt sich starck genung bey mir ahn. Ich bitte Eüch, liebe Louisgen, schreibt mir fleißig undt waß Ihr neües von unßern alten kundtschafften wist undt erfahrt! Es ist bey der teütschen armeé waß vorgangen, wie ich heütte erfahren. Ich wünsche, daß Carl Moritz sich nicht möge dabey gefunden haben. Monsieur Chauvet bitte ich von meinetwegen zu grüßen, der ist ja noch recht von der alten kundtschafft. Über Hanover kommen Ewere brieff gar recht, wie Ihr secht, könt mir sie also durch dießen weg schicken. Amilse undt Carl Moritz ambrassire ich beyde wider undt versichere Eüch, daß ich Eüch alle, so lang ich lebe, von hertzen lieb behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Juli 1694 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 516–517
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2020.html
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