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Brief vom 22. Januar 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2026.


[525] [1]

Pour madame Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 22 Januari 1695.
Hertzliebe Louisse, vergangenen mitwog habe ich zwar Ewer liebes schreiben vom 22 st. v. Decembris entpfangen, aber ohnmöglich gleich andern tags drauff antwortten können, den hir zu Paris ist man immer mitt vissitten importunirt, undt habe kaum ahn ma tante undt die hertzogin von Hannover schreiben können, undt weillen monsieur le Dauphin morgen herkommen wirdt, umb mitt unß zu mittag zu eßen, undt ich nachmittags mitt I. L. ins opera muß, also wirdt mir wider woll gar wenig zeit überig bleiben, drumb schreibe ich Eüch heütte. Daß fichu ist kein danckens werdt, habe es nur vor die raritet geschickt, weillen es gar gewiß vom könig von Tripoly kompt undt ich weiß, daß man in Teütschlandt wercks macht von alles, waß frantzösche mode sein; hette aber woll nicht gedacht, daß es Eüch so frewen solte, liebe Louisse! Wolte gott, ich könte Eüch etwaß schicken, so werht were, freüde drüber zu haben! ich würde es mehr entpfinden, alß Ihr selber. Hir im landt tregt man manteaux undt robe de chambre, aber keine chambre [526] lucken; ich glaube aber, daß die chambrelucken beßer vor den winter sein undt den halß mehr bedecken. Ich habe daß buch, nehmblich den Virgillius, noch nicht entpfangen, aber ein apotecker von Bassel, den ich kene, nahmens Frey, hatt mir geschrieben, daß er es bey sich im hauß hatt; also werde ich es leicht bekommen können, bedancke Eüch sehr, daß Ihr die mühe nehmen wolt, mir noch einen Virgillius in vers zu schicken. Ich habe viel von den frantzoschen historien gesehen, so auß Hollandt kommen, es ist aber schir kein wort war drin, ob zwar von denen, so sie reden, viel warheitten zu sagen weren, so eben so romanesquische historien hervor bringen solte, alß sie geschrieben haben. Unßere hertzogin von Hannover schreibt mir, daß die, so in gantz Teütschlandt ahm meisten auff die moden sollen verpicht sein, seyen die margräffin von Bareit undt die fürstin von Ostfrießlandt; es ist doch kein kinderspiel mitt dießen beyden schwestern undt deücht mich, daß dießes allein der jugendt erlaubt sein solte. Ich apropire Ewere conduitte hirinen sehr undt Ihr habt daß rechte mittel gefunden, umb nie ridiculle in Ewerer kleydung zu sein. Daß rechte mittel, eine sach lang dawern zu machen, ist, wen die pfarer dagegen predigen, den waß man verbiet, thut man ahm liebsten; man kan sich auch wenig kehren, wen die pfaffen so albere sachen vorbringen, den waß hatt der krieg mitt der moden zu thun? Es ware mir recht bange vor ma tante, in dießem rauhen wetter zu reißen, aber gott seye danck, I. L. gesundtheit ist nun so volkommen, daß es ihr nicht geschadt. Der allmächtige gebe, daß es viel jahr lang so weren möge! undt sage woll von hertzen amen zu dem wunsch, so Ihr hirauff thut. Vor den, so Ihr mir zu dießem neüen jahr thut, bin ich Eüch sehr verobligirt undt wünsche Eüch hergegen alles, waß Ewer hertz wünschet undt begehren mag. Ich zweyffle gar nicht, daß Ewer eloquenter neüjahrswunsch von hertzen geht, undt bin ich Eüch ja nahe genung, umb daß Ihr mir guts wünschen undt Eüch vor mich interessiren möget. Seydt auch versichert, daß ich daßelbe von gantzem hertzen vor Eüch undt Ewere geschwisterig thue! Amelise bitte ich von meinetwegen zu ambrassiren undt sie auch vor ihre wünsche zu dancken. Caroline wirdt der todt von der königin Marie sehr zu hertzen gangen sein. Unter unß gerett, könig Wilhelm jammert mich von hertzen drüber, den man sagt hir, er solle so touchirt sein, daß er selber kranck drüber geworden [527] ist. Wen Ihr ahn Caroline schreibt, bitte ich Eüch, sie von meinetwegen zu grüßen undt ambrassiren. Ist es möglich, daß der gutte h[err] Keller noch im leben? Freylich erinere ich mich seiner noch gar woll; schwitz[t] er noch? Ich wünsche, daß Ewere intercession vor ihm möge gerahten undt er den dinst bekommen, den er sucht. Leonor machts eben wie ihr schwester Gret, sie ist noch immer lustig undt poßirlich. Ich glaube, wir werden dieße auff daß frühe jahr herbekommen, mitt welcher ich den viel von den gutten alten zeitten reden werde. Ich bitte, grüst doch die gutte Gret oder fraw von Schelm wider von meinetwegen! Es muß der schäffer, so den Juden auß dem pferdt geholffen, worin i[h]n die hussaren gestekt, ein gehertzter kerl geweßen sein, den ein anderer, der eine stime auß einem pferdts-aahß gehört hette, hette gemeint, es were ein teüffelswerck. Ewere schreiben, liebe Louisse, seindt mir gar ahngenehm undt können nicht zu lang sein; allein spart die complimenten! den ich mache eben so wenig wercks davon, alß mein anner bruder s. Die ungedult ist, wie ich sehe, Carl Moritz ahnkommen, weillen er ohne herr Ferdinant nach Ittallien ist. Wen Ihr ahn ihm schreibt, so bitte ich Eüch, danckt ihm doch vor sein ahndencken, ehe er vereist, undt ambrassirt ihn von meinetwegen! Eüch thue ich daßelbige gleichen hiemitt undt versichere, daß ich Eüch von hertzen lieb habe.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. Januar 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 525–527
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2026.html
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