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Brief vom 12. Januar 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2033.


[540] [1]

A madame Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Meudom den 12 Januari 1696.
Hertzliebe Louisse, vergangenen sontag entpfinge ich ma tante paquet erst nach 6 abendts, so den freitag abendts schon hette ahnkommen sollen sein, muste in demselben augenblick mitt monsieur le Dauphin in die comedie zu Versaille, konte also ohnmöglich andtwortten weder ahn ma tante, noch auff Ewer schreiben vom 14/24 December 1695, so ich in selbigem paquet bekame, weiß auch nicht, ob ich heütte noch gar corect werde antwortten konnen. Den wir seindt [seit] gestern hir in monsieur le Dauphins hauß, wo man eben nicht gar sein herr undt meister ist; will thun, waß mir möglich sein wirdt. Ich solte es unßer gutten hertzogin von Modene woll gönen, daß sie glückseelig werden mochte; aber undter unß gerett, ich zweiffele dran; den erstlich so seindt wenig heüraht glücklich in dießer weldt undt zum andern ist schwer zu glauben, daß man sie in Ittallien, da man so gar mißtrawisch ist, sie wirdt ein lustig oder ahngenehm leben führen laßen. Solte princes Amelie mitt pfaltzgraff Carl glücklich werden, müste ihm erst seine dolle liebe vergangen sein. Wie ist es möglich, daß dießer herr, deßen verstandt doch so unerhört gelobet wirdt, eine solche torheit im hirnkasten bekommen hatt? Daß macht mich forchten, daß es sein destin ist, diß freüllen zu heürahten undt hoch damitt alß ein hirsch gecrönt zu werden. Wen man einmahl destinirt ist, horner zu tragen, kan in der welt nichts davon abhalten; deren exempel habe ich viel gesehen. Ihr thut gar woll, Ewere conduitte so zu richten, daß Churpfaltz mitt Eüch zufrieden sein mag undt, wie Sosie in der comedie von Amphitrion sagt: Le vray Amphitrion est celuy ou on disne. Ma tante hatte mir all lengst von dießer historie geschrieben. Die Frantzoßen erfahren eher, waß in Teütschlandt vorgeht, als die Teütschen es selber wißen mögen; aber über mißheüraht lachen sie nicht sehr, den nichts ist gemeiner hir, aber nur umb gelt undt nicht auß lieb. Wen mein wunsch vor der armen Pfaltz waß dinnen könte, würde nichts, alß alles guts, gesch[eh]en. In dießem augenblick rufft man mir, muß also wider meinen willen endigen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich biß [541] ahn mein endt Eüch undt Ewere geschwisterig von hertzen lieb behalten werde. [2]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Januar 1696 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 540–541
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2033.html
Änderungsstand:
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