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A madame Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Weinheim.
St Clou den 20 September 1698.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich erst Ewern lieben brieff
vom 9/30 September von Weinheim entpfangen. Ich meinte, weillen
Ihr nun näher wehret, würden die brieffe eher überkommen, seindt
aber doch, wie Ihr woll secht, nicht frischer, alß wen Ihr sie zu
Franckfort geschrieben hettet. Die vers, so ich gemacht hatte,
wahren nur lieder auff eine melodey, so sehr a la mode vorm jahr
war; schicke sie Eüch alle 3 hirbey
[2]. Madame Despinois habe ich
woll recht ursach zu regretiren; die gutte princes hatte große
meritten, viel verstandt, courage undt fermeté, ein guttes, aufrichtiges
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gemühte, devot ohne bigotterie, recht christlich, war über die maßen
charitable. In Poictou hatte sie ein gutt, deßen einkommens sie
täglich den armen reichen laßen undt gar nichts davon eingezogen.
Ihre gröste freüde war, ihren freünden zu dinnen, höfflich gegen
jederman, complaissant undt von gar gutter compagnie, wuste
perfect, woll zu leben undt waß einem jeden gebührt, war auch bey
jederman woll dran; suma, es ist ein rechter verlust, daß die gutte
fraw gestorben. Unßer herrgott hatte ihr innerlich ersetzt, waß er
ihr eußerlich benohmen; den die gutte fraw war erschrecklich
heßlich von gesicht, die taille aber ginge noch woll hin. Ich habe die
gutte princes nicht sterben sehen, bin aber erschrecklich erschrocken,
wie ich dießen so schnellen todt vernohmen habe; eine ader hatte
sich auff einmahl in ihrem kopff zerbrochen, daß hatt sie getödt.
Ich glaube nicht, daß daß muscatten-blüdt dießes hette verwehren
konnen, aber woll, wen die schlagflüße von humoren undt schleim
kommen. Deß keyßers Carl kopffwaßer habe ich zu recht entpfangen
undt dancke Eüch sehr davor, liebe Louise! Es ist gantz anderst,
alß daß, so mir die fraw von Mayercroon, deß dänischen envoyes
fraw, geben, welches anderst richt, mehr nach kreüter; ich förchte,
dießes ist ein wenig auff dem weg verdorben, den es richt nach
schimel. Ich laße es stehen, umb zu sehen, ob es nicht wider zu
recht kommen wirdt; den es ist vielleicht noch zu frisch. Der
kauffman, so es mir bracht, hatt es mir zwar in eygenen händen
geliefert, allein ich habe ihn gesprochen, ohne daß er mich, noch ich
ihn gesehen. Ihr werdet nicht begreiffen können, wie diß zugangen,
müst derowegen wißen, liebe Louisse, daß ich eben im closter du
Port-Royal war, hatt mir also die fläsch durch den tour geben, wo
man nicht sehen kan, noch gesehen kan werden. Freylich würde
es mir von hertzen leydt sein, Ewern beüttel zu incommodiren.
Amelisse brieff habe ich gar nicht entpfangen, ist mir recht leydt,
daß er verlohren worden, den ich hette ihre relation gerne gesehen.
Es were doch gutt, sich bey dem postmeister zu informiren, wo
mein brieff hin kommen. Ich kan die jetzige pfältzische hoffmaniren
gar nicht loben. Den worin will er höher sein, alß mein herr vatter
s., der doch die reichsgraffen considerirt undt nicht mitt den
ede[l]leütten confondirte? Es were doch nicht gegen des churfürsten
respect, wen Ihr dagegen protestirte[t] undt durch gutte freünde unter
der handt dem churfürsten zusprechen laßen undt Ewern respect
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zu erkennen geben, wie Ihr, ohne Eüch zu formalisiren, alles
gethan, waß man haben wollen, ob es zwar gegen Ewerm rang ist;
hoffe, daß dießes den churfürsten in sich wirdt gehen machen,
daß er der churfürstin befehlen wirdt, anderst mitt Eüch zu leben.
Wer muß dem churfürsten im kopff gesteckt haben, so gar hoch
hinauß zu wollen? Mitt denen maniren wirdt er sich gar nicht so
beliebt machen, wie papa s. war. Kan die churfürstin Teütsch oder
Ihr Ittallienische, daß Ihr mitt I. L. habt sprechen können? Den
hohen stadt, so der churfürst undt die churfürstin führen, wirdt
ihnen manche lange weill zu wegen bringen; ich weiß durch
experientz, waß es ist. Umb die warheit zu sagen, so bekümere ich
mich nicht viel umb meines sohns kinder; kompt die elste, so gar
artig ist, zu mir, caressire ich sie, ich sehe sie aber gar selten,
dencke also nicht, daß ich große freüde ahn sie erleben werde. Ich
wolte lieber ahn Ewer taffel eßen undt trincken, alß ahn deß
churfürsten taffel, den ich bin versichert, daß es lustiger hergeht. Ihr
tedt woll, Eüch nicht zu chagriniren; daß macht nur kranck undt
hilfft wenig, allein man ist nicht allezeit sein eygen meister, einen
tag hatt man die starcke, über etwaß zu lachen, andern tags aber,
wen daß miltz bläet, kan man daß weinen nicht laßen; mir geht es
allezeit so. Gret bitte ich von meinetwegen wider zu grüßen undt
Amelis zu ambrassiren. Fragt doch ahn Amelisse, wem sie den
ihren brieff vor mich geben hatt, daß er so verlohren ist worden!
Meiner dochter beylager wirdt nun baldt sein, daß hertz fengt mir
ein wenig ahn, schwer auffs scheyden zu werden. Alle junge leütte
hir werden dießen abendt tantzen, alß nemblich meine kinder, meine
freüllen, die printzes von Fürstenberg undt ihre töchter, daß freüllen
von Fürstenberg, so stiffts-freüllen ist, meine vettern von Cassel
undt alle junge cavalier, so zu Paris sein. Die contredanse werden
nicht vergeßen werden, drumb werde ich dabey bleiben, sonsten
könte ich es nicht außstehen; den ich kan die frantzosche dantze
beym bal nicht vertragen, insonderheit den menuet, der könte mich
auß dem landt jagen. Ich muß mich eyllen, den ich habe noch 3
brieff zu schreiben, ehe die geselschafft kompt, muß derowegen
schließen, dancke nochmahlen vor deß keyßer Carls kopffwaßer undt
versichere Eüch, liebe Louisse, daß ich Eüch undt Amelisse sehr
lieb habe.