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Brief vom 12. Dezember 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2039.


[549] [1]
Versaille den 12 December 1698.
Hertzliebe Louisse, ich habe Eüch seyder meiner dochter beylager nicht geschrieben undt doch 3 liebe schreiben von Eüch entpfangen vom 27 September/7 October, 15/25 October undt 15/25 November, aber, liebe Louisse, es ist mir unmöglich geweßen; den in aller zeit von meiner tochter abreiß habe ich nichts gethan, alß weinen, undt muß gestehen, das mir dießes scheyden härter ahnkommen, alß ich selber gemeint hette. Wie ich hernach wider nach Fontainebleau bin kommen, habe ich schir alle tag gejagt, umb zu suchen, mir die trawerigkeit auß dem kopff zu bringen. Hernach, wie wir wider nach Paris sein, habe ich einen so abscheülichen husten undt schnupen bekommen, alß ich jemahlen gehabt, habe derowegen nicht schreiben können: Wie wir wider hieher sein, habe ich alle brieffe wider einhollen müßen, so ich verseümbt hatte, undt weillen ich wegen meines hustens nicht woll viel brieff auff einmahl schreiben konte, so habe ich mühe gehabt, zeit genung zu finden, Eüch, liebe Louisse, zu antwortten. Zum exempel, alle sontag undt donnerstag schreibe ich ahn ma tante, die fraw churfürstin zu Braunsweig, alle montag ahn mein tochter undt ahn die hertzogin von Savoye, alle mitwog ahn die hertzogin von Hannover undt wider ahn mein dochter undt alle sambstag schreibt man wider nach Lotheringen, nehm[e] ordinari dießen tag auch, umb ahn ihren herrn zu schreiben; also segt Ihr woll, liebe Louisse, das mir wenig zeit überig blieben ist. Zwey mahl habe ich nach St Germain gemüst, den könig undt die konigin von Engellandt zu besuchen; wir haben auch vor 8 tagen eine reiße nach Meudon gethan, alwo man vom mitwog biß sambstag blieben ist, sonsten hette ich Eüch all vor 8 tagen geschrieben, aber dort war zu viel gethuns, umb zu schreiben; hinfüre aber verspreche ich fleißiger zu sein undt wider ordentlich auff Ewere liebe schreiben zu antwortten. Mein brieff würde gar zu abscheülich lang wehren, wen ich auff alle Ewere liebe brieffe antwortten solte, will also nur sagen, daß sie mir alle gar ahngenehm geweßen undt nur auff den letzten andtwortten, so vom 15/25 November ist undt welchen ich vor 3 tagen entpfangen. Der hertzog von Saxsen Weimar, hatt er nicht eine vom hauß de la Trimouille zur fraw mutter gehabt? [550] Nun hatt der sohn eine von beßern hauß. Ich bin gewiß, daß es Eüch gefrewet hatt, dieße hertzogin zu sehen, den es ist allezeit eine rechte freüde, wen man sicht, daß alte gutte freünde nicht vor unß endern undt gutt bleiben undt man sie wider findt, wie man sie gelaßen hatt. Ich apropire recht, daß Ihr wirdtschafft gespilt undt zettel gezogen habt, den wer sich lustig machen kan, thut woll, keine gelegenheit dazu zu verseümen. Wir haben jetzt einen printzen von Homburg, ich weiß aber nicht, ob es von denen printzen ist, die bey der wirtschafft wahren, ist vielleicht printz Philip, von dem Ihr sagt, das er incognito reist. Mein tochter ist freylich zu Nancy ahnkommen. Sie ist, gott sey danck, gar glücklich, ihr herr undt sie haben sich von hertzen lieb; gott geb, daß es allezeit so dawern möge! Der hertzog, mein schwigersohn, solle gutten verstandt [haben] undt gar ahngenehm sein. Meine dochter hatt eine rechte passion vor ihren herrn, sie sagt, sie wolte nicht ohne ihren herrn königin in Franckreich sein, noch keyßerin, mißgönt der printzes von Hannover ihr glück gantz undt gar nicht, romische königin zu werden. Diß überauß große vergnügen von meiner tochter hatt mich gantz ihrer abweßenheit getröst, aber ehe ich gewust, wie es ablauffen würde, gestehe [ich], daß ich gar unruhig geweßen, nun aber gar woll zufrieden. Da köntet Ihr woll nicht ahn zweyffeln, liebe Louisse, das ich Eüch durch abé de Thesseut würde grüßen laßen. Monsieur Obrecht, der perfect Teütsch undt Frantzösch kan, wirdt, wie ich glaube, Eüch woll den gefallen thun, auff Frantzösch auffzusetzen, waß Ewere leütte in Teütsch nur sagen können. Nach allen ahnsehen nach werden die zwey, alß nehmblich herr Obrecht undt abe de Thesseut, woll nicht so baldt wider herkommen, den der churfürst schiebt alles sehr auff die lange banck. Abé de Thesseut wirdt Eüch sagen können, liebe Louisse, daß ich hir undt bey seiner abreiß starck vor Eüch kinder solicitirt habe. Lege die sach allein bey mir, würdet Ihr nicht viel papiren brauchen, den ich würde mir eine freüde machen, Eüch alle zu persuadiren, daß ich Eüch so lieb habe, wie ichs schon so offt versichert, undt nicht endern werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Dezember 1698 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 549–550
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2039.html
Änderungsstand:
Tintenfass