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Brief vom 4. Januar 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2040.


[551] [1]
Versaille den 4 Januari 1699.
Hertzliebe Louisse, weillen es heütte daß erste mahl ist, daß ich Eüch in dießem jahr schreibe, so will ichs mitt hertzlichen wunsch ahnfangen, daß Eüch gott der allmachtige in dießem jahr glück, gesundtheit undt volkommene zufridenheit, ja alles, waß Ewer hertz wünscht undt begehrt, verleyen möge. Nach dießem wunsch komme ich jetzt auff Ewer liebes schreiben vom 9 December/29 November 1698. Ich habe von unßer gutten hertzogin von Hannover selber die nachricht erhalten, daß princes Amelie romische königin wirdt werden, undt es hatt mich woll von hertzen erfrewet. Vom portrait haben sie mir nichts geschrieben, muß also nicht so kostlich sein, alß mans zu Franckfort gehalten hatt. Wirdt den Churpfaltz nicht bey dem beylager bleiben, das I. L. so baldt wider von Wien komen? Das nimbt mich wunder. Hertzog Carl wirdt woll thun, zu heürahten, weillen Churpfaltz keine erben bekompt; aber es kompt mir abscheülich vor, daß man seine eygene niepce nimbt, da kan kein glück bey sein. Man hatt meiner dochter schwanger-sein geprophezeyet, den sie ist es jetzt in der that, ware es aber nicht, wie mans gesagt. Mein dochter springt, leüfft undt rast so sehr mitt ihrem herrn undt ihre herrn schwager, daß mir bludts-bang ist, daß sie ein böß kindtbett bekommen wirdt. Ich predige in allen meinen brieffen, aber wen man selber nicht zugegen ist, hilfft predigen wenig; sie ist zu kindisch vor ihr alter. Labé Thesset ist nicht nach Franckfort gereist, umb sich zu divertiren, wirdt also woll gedult nehmen. Wen man ohne zwang lebt, wirdt raisonablen leütten, wie Ihr undt Amelis seydt, die zeit nicht leicht lang. Vissitten ist allezeit eine langweillige sache. Die Rotzehaüsserin hatt wehe ahn einem fuß undt knie von einem fall, so sie mitt der kutzschen gethan, wirdt also woll nicht nach Strasburg können. Sie würde Eüch mehr von mir verzehlen können, alß abé de Thessut, den in 6 monat ist sie nie von mir kommen, alß nur, umb schlaffen zu gehen. Es frewet mich recht, liebe Louisse, zu sehen, daß Ihr mich noch so lieb habt; seydt versichert, daß ich Eüch auch von hertzen lieb habe! Ich gestehe, ich habe lachen müßen undt Lenor auch, wie dockter Clöter unß gesagt, daß wir ihn in weiber-cleyder gesehen hetten. Ich erinere mich seines [552] nahmens woll, aber die person hette ich woll mein leben nicht mehr gekent; bin fro, daß meine recomandation ihm genutzt hatt. Er hatt recht, zu sagen, daß ich alß interompirt were, wen man mitt mir spricht. Mich wundert, daß Ihr mir nichts schreibt von dem geschrey, so in Teütschlandt gangen, daß unßer oncle, printz Moritz, noch bey leben undt in Engellandt ahngelangt seye. Ich kan mir nicht einbilden, wie man solche possen aufbringen kan. Ich gebe Eüch keine comission vor Amellisse, den hirbey schicke ich auch ein bri[e]ff vor sie. Ich wolte gern noch lenger blauttern, aber man rufft mich, umb nüber zum eßen zu gehen, muß also schließen, nur daß noch sagen, daß ich Eüch von hertzen ambrassire undt sehr lieb habe.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. Januar 1699 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 551–552
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2040.html
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