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Brief vom 11. Januar 1678

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


17.


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St. Germain den 11. Januari 1678.
Weillen heüte in gantz Teütschlandt der neüjahrstag gefeyert wirdt, so dencke ich, daß es auch noch nicht zu spät ist, E. L. dem hochlöblichen alten teütschen gebrauch nach ein glückseeliges friedt- undt freüdenreiches neües jahr zu wünschen, sambt langes undt gesundes leben, mir selbsten aber wünsche ich den gutten frieden, damitt ich einßmahls wider so glücklich werden möge, E. L. persohnlich auffzuwarten, denn es kompt mir gantz ungereimbt vor, wan ich gedencke, daß es albereits schon 6 jahr ist, daß ich E. L. nicht einmahl gesehen habe. Wenn aber einsmahls wider dieße glückseelige zeitt herbeykommen wirdt, so bin ich versichert, daß ich E. L. auffs weinigst eine stunde lang divertiren werde, wan ich E. L. alles verzehlen würde, wie es hir ist undt zugeht, welches man sich unmöglich einbilden kan, es seye dan, daß man es höret undt sicht undt mitt dabey ist, wie ich jetzt bin, glaube auch, daß, wan ich schon wider etlich jahr in Teütschland bleiben solte, daß ich doch nicht so baldt alß mad. de Harbourg[1] dießen hoff vergeßen würde, denn daß sie sagt, daß man hir schriettlingen auff die jagt reitt, ist ein großer irtum, nicht allein itzunder zu meinen zeitten schlegt man den schenckel umb den sattelknopff, sondern der König hat mir selbsten gesagt, daß man hir niemahlen anders geritten hatt, in den provintzen aber da reitten die damens alle schreitlingen, drumb scheint es, daß obgemelte dame sich mehr an einem letzten alß ersten ort auffgehalten. Weillen ich aber jetzt auff ihrem capittel bin, so muß ich E. L. auch sagen, daß ich Dero wehrtes schreiben vom 22. Decemb. 1677 vor etlich tagen entpfangen habe sambt der genalogie von der dame, welches mich aber deücht vielmehr den nahmen eines calenders alß genalogie zu tragen gebühret, denn ich kan mir hirvon nichts anders einbilden, alß daß sie hirinen hatt auffzeignen wollen, zu waß vor Königs zeitten sie undt ihre vorfahren gelebt haben undt weillen sie die ehre hatt, zu unßers Königs zeitten zu leben, hatt sie ihren nahmen in [020] selbige reye setzen laßen, denn es kan einem ja nichts närischers träumen alß daß sie pretendiren solte, nähere verwandtin zu sein alß durch Adam undt Evé. Ich will woll jemandes hir finden, so mir ihre rechte naturliche genalogie wirdt auß ihrem lande zu wegen bringen können, undt so baldt ich sie haben werde, will ich sie E. L. schicken. … Wegen der histori vom divorse[2] werde ich alle tage zu rede gestellt. Daß E. L. undt oncle über mich lachen, daß ich jetzt so gutt catholisch bin undt so viel vom sacrement des ehestandts halte, so schlegt mir aber solch sacrement woll genung zu, umb zu wünschen, daß es ewig wehren undt man kein mittel finden möge, selbiges zur scheydung, denn wer mich von Monsieur scheiden wolte, thete mir keinen gefahlen, drumb können E. L. woll dencken, daß mihr eine solche mode, wenn sie auffkommen solte, gantz undt gar mißfahlen würde undt wan es nöthig were, noch 3 abjurationen zu thun wie ich zu Metz gethan, umb zu persuadiren, daß der ehestandt ein sacrement sey undt derowegen nicht könne geschieden werden, so würden E. L. ahnstatt der einen noch 3 versigelte promessen bekommen. Ich mögte von hertzen wünschen, daß I. G. der Churfürst[3] auch meiner meinung weren, setze aber auch dazu, daß I. G. auch so vergnügt lebten alß ich. Ich hoffe, mein bruder[4] undt unßere princes[5] werden sich einmahl der sachen laßen ernst sein undt unß durch ein kintgen auß allen dießen lermen helffen. …
Man hatt hir gar viel von des printzen von Oranien hochzeit[6] verzehlt, undt unter andern sagt man, daß er sich mitt einem gantzen pantelon[7] von rattinen[8] die erste nacht schlaffen gelegt habe, undt alß ihn der König von Engelandt gefragt, ob er das rattinen zeüg nicht ablegen wolte, hatt er zur antwort geben, daß seine gemahlin undt er lange genung mitt einander leben müsten, derowegen müße sie sich ahn seine maniren gewonen, undt er seye gewont, den ratinen pantalon zu tragen, drumb woll er ihn auch jetzt nicht außziehen. Undt ahnstatt daß er mitt dem König, Königin undt braut solte zu nacht eßen, ist er in die statt zu nachteßen gangen undt hatt den König biß nach mitternacht in der braut kammer, welche man zu bette gelegt hatte, wartten laßen, undt alß ihn der König gefragt, wo er so lange blieben, hatt er geantwortet, daß er gespilt hette nach dem nachteßen; hatt sich drauff in einen seßel geworffen, seinen cammerdiener geruffen undt sich in selbiger seiner braut cammer außziehen laßen. Mit allen dießen maniren wunderts mich nicht, daß die gutte princessin stum worden ist; sie gemanen mich schir ahn die commedie von der bößen Kett[9] ihr mann. Ich [021] muß E. L, noch etwaß von dießem prinzen verzehlen, so all possirlich ist: man sagt, daß er sehr unhöfflich sey undt vor niemandes auffsteht, wan er sitzt. Hirauff hatt ein englischer milord nahmens Maugraff (?) ein bonmot auff frantzösch gesagt zu andern englischen herrn, die in die cammer gehen wolten, wo der printz war: Messieurs, si vous voulés faire quitter le siège au prince d’Orange, je vous conseille d’emmener quelque françois avec vous, car il ne le veust pas lever pour nous. Ich weiß noch woll viel schöne historien, so hir vorgangen, aber mein brieff würde zu lang werden. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. Januar 1678 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 19–21
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0017.html
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