Seitenbanner

Brief vom 24. Juli 1678

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


20.


[023]
St. Germain den 24. Julli 1678.
… Ich habe alle E. L. brieffe wol entpfangen, wenn aber auch E. L. letztes schreiben in andere hände alß die meinige gerathen weren, so können E. L. doch versichert sein, daß man sie wegen der poßen, so drinnen stunden, nicht würde vor dörigt gehalten haben, denn E. L. reputation ist hir gar woll establirt in alles, aber insonderheit auch waß den verstandt betrifft; zudem auch so ist man nicht so delicat hir im lande, sondern man spricht all frey genung von allerhandt natürliche sachen. Ich weiß ein galand, welchen ich aber nicht nennen will noch darff, welcher alß mitt seiner maitresse auffn kackstul geht undt wan eins von ihnen seine sachen verricht hatt, dan setzt sich das andere drauff, undt entreteniren einander auff dieße weiße. Undt ein ander par kenne ich auch, die einander alß vertrawen, wenn sie ein clistier nehmen undt von nöhten haben: ich habe solches mitt meinen eygenen ohren gehört undt der liebhaber bekente, daß er solches von nöhten, weillen er den abendt zuvor zu viel gefreßen hette, so ihm ein groß magenwehe verursagte, drumb wolle er ein clistier nehmen, umb desto beßer wider zu mittag zu eßen, ohne desgoust. Wenn das Teutsche theten, wie solten die Frantzossen lachen, aber weillen sie es selber thun, so ist es gar hofflich. Noch etwaß muß ich E. L. verzehlen, so mir ahm anfang sehr frembt ist vorkommen: man redt hir ohne schew von jungfer Catherine[1], undt die Königin, so so eine erbare fraw ist, spricht ahn offendtlicher taffel mitt allen manßleütten davon. Nun laß ich E. L. selber gedencken, ob jemandes hir frembt nehmen könte, daß mir E. L. nur von p… undt wie das sawrwaßer durchgeht schreiben; vor ein par mont[2] hatt eine jungfer einen brieff von ihrem liebhaber bekommen, welchen ich hab leßen hören, worinen er ihr nachricht giebt, wie daß das waßer von Viché[3] so woll durchgeht, drumb ist solches zu schreiben gantz à la mode, wie E. L. sehen undt ich exempel genung vor den tag gebracht habe; drumb jetzt auff die andern punkten antwortten. Daß E. L. dan noch meinen, daß, wenn ich Monsieur habe, daß ich dan nichts nach himmel undt erden frage, so bin ich zwar sehr gern bey ihm, undt wenn es schon wahr were, daß ich nichts nach himmel undt nach erden fragte, so würde ich doch gar betrübt sein, wenn E. L. glauben wolten, daß sie unter der zahl von himmel undt erden [024] mitt gerechnet weren undt ich nicht ahn mein hertzlieb ma tante gedächte. Nein! so vergeßen undt undanckbar ist E. L. Liselotte nicht, undt wenn ich gleich nicht schreibe undt von viellem lumpengesindel hir davon abgehalten werde, so gedencke ich doch nichts desto weniger ahn E. L. … Die princes von Tarante[4] hatt mir geschriben, daß der marschalck Haxthaussen zu Cassel außgebreittet hette, daß printz George von Denemarck patte[5] seine dochter[6] heürahten würde undt daß patte ihr jahrlich hundertaußent Rthl. einkommens zum heürahtsgutt mittgebe. Dießes hatt mich recht verdroßen, aber ich bin von hertzen froh, von E. L. zu vernehmen, daß solches met verlöff met verlöff nicht wahr undt vom marschalck Haxsthaussen erlogen ist undt daß die Königin fraw mutter von Denemarck[7] solches nicht gutt findt. …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. Juli 1678 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 23–24
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0020.html
Änderungsstand:
Tintenfass