[026]
Paris den 3. Februari 1679.
… Erstlich so werden wir den 15. Aprill von St. Germain
auffbrechen undt in Flandern reißen, von dar werden wir in Lottringuen undt
von dar ins Elsaß. Wenn es aber E. L. zu weit were, ins Elsaß undt
nach Strasburg zu kommen, so könten mir E. L. doch einen rendevous in
Flandern geben, in welcher statt es E. L. ahm gemäglichsten were; ich weiß
aber nicht, worumb oncle will, daß E. L. auff ein solche reiß so groß
unkosten ahnwenden sollen, sintemahlen es E. L. ja viel bequemer sein würde,
inconito zu reißen: undt damit würden E. L. allem gepräng loß sein, welches
ich woll von hertzen verfluchen würde, wenn es mich des glücks beraubt, E.
L. auffzuwarten, denn mich deücht, wenn ich E. L. undt oncle nur einßmahl
wider sehen könte, so wolte ich hernach gerne sterben, jedoch nicht ohne daß
ich meine reiße auch zu Strasburg vollendet undt papa, bruder undt schwester
[027]
gesehen. Damitt ich aber wider auff meinen text komme, so will ich E. L.
teütsch herauß bekenen, daß man hir gantz stinckhoffärtig ist undt so hoch
hinauß undt nirgendts ahn will, daß es nicht zu erdencken noch zu sagen ist.
Derowegen sehe ich woll, daß es unmöglich ist, E. L. in ihrem rechten standt
zu sehen, denn mein herr bildt sich ein, daß kein vergleichen mitt ihm undt
einigem Churfürsten zu machen seye; ich habe auch unter der handt
außgeforscht, ob man E. L. keinen fauteull
[1] geben würde, wenn ich sie sehen
solte, aber davon will man gar nichts hören. Drumb will ich E. L. sagen,
was meine meinung ist undt waß mittel ich gefunden, E. L. zu sehen. E. L.
müsten incognito in eine statt von Flandern kommen undt mir entbietten,
in welch hauß E. L. logiren, denn ehe wir von hir gehen, will ich mich
informiren, was vor einen weg wir halten werden, undt in welche stätte
wir ahm lengsten bleiben werden undt solches E. L. alßdan gleich schreiben.
Wenn dan E. L. auch ahn einem ort sein werden, will ich thun alß wenn
ich nur das hauß besehen ginge, wo E. L. sein werden, will mich alßdan
mitt E. L. undt oncle in eine cammer einsperren, alwo ich nichts anderß
alß die alte Liselotte begehre zu sein, womitt E. L. alles machen können
was E. L. beliebt, denn ich bin undt werde biß in todt E. L. leibeygen
verbleiben, undt damitt werden wir alles des verdrießlichen geprengs quit
sein. Mitt meinen leütten bin ich nicht in sorgen, denn indem ich Monsieur
das secret vertrawen werde, kann ich meine leütte hinschicken wo es mir
gefelt, welche mich alßdan, wenn E. L. meiner müde sein werden, mich wider
abhollen werden. Undt dießes leben kan ich also alle tag führen, so lang
wir ahn einem ort still liegen werden. Ich bitte E. L., sie berichten mir
doch auffs allerbaldeste, ob E. L. dießer ahnschlag gefelt, undt E. L. sein
nur nicht meinetwegen in sorgen, denn ich versichere E. L., daß ichs gar
woll so machen will, daß ich einen gantzen tag bey E. L. alleine in ihrem
hauße verbleiben werde ohne daß ein eintziges mensch von meinen leütten
dabey sein möge. Umb Gottes willen: E. L. vergönne mir doch dieße so
unaußsprechliche freüde! ja ich glaube, daß ich vor freüden werde ohnmechtig
werden, wenn dießes ahngeht undt ich E. L. undt oncle werde ahnsichtig
werden. Ich hoffe, daß ich zu Straßburg es auch so werde machen, umb
I. G. den Churfürsten, meinen bruder undt seine gemahlin zu sehen. …
Nun ich dießes geschrieben was ich hab sagen wollen undt mir noch ein
augenblick zeit überig ist, bedancke ich mich gantz demütigst vor den gnädigen neujahrswunsch, so E. L. mir thun. … Was mich ahnbelangt, so hoffe ich,
daß E. L. woll nicht zweiffelen, daß ich Deroselben von grundt meiner seelen
alles wünsche was Dero hertz nur erdencken undt begehren mag. … Dießer
wunsch erstreckt sich auch ahn alles was E. L. lieb undt ahngehörig, alß
[028]
oncle, E. L. printzen, insonderheit aber auch mein patgen
[2], welche letztere
ich woll von hertzen ambrassiren werde, wenn der glückseelige tag herbey
kommen wirdt, welchen ich so sehr verlange. Ich komme alß wider auff
diese zeit alß wie Robin à ses fluttes
[3], drumb muß ich auch noch sagen,
daß, wenn E. L. nach Mobisson
[4] kämen, so könten wir unß auch dorten
einsperren in ein apartement ohne daß unß meine leütte sehen; wenn ich
alßdan mein patgen
[5] hir behalten konte (wenn unßer M
lle[6] ja in Spanien
ginge), so würde es mir woll hertzlich lieb sein, undt E. L. haben woll groß
recht, zu glauben, daß ich sie lieber alß einige andere, welche es auch sein
möge, hir sehen wolte. Wer weiß, wen Gott lieb hatt! Eins weiß ich aber
woll, nehmlich daß, wenn wünschen was gelten kan, so wirdt sie
[7] dießen
platz
[8] viel eher alß die printzes von Bayren
[9] vertretten. Ich hab die
finger so steiff undt kalt, daß ich muß schließen. …