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Brief vom 15. Dezember 1679

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


30.


[032]
St. Germain den 15. December 1679.
… Umb E. L. zu erweißen, daß, ob ich schon nicht schreibe, ich doch nichts desto weniger ahn E. L. gedencke undt mittel suche, E. L. zu dienen, so muß ich E. L. verzehlen, was ich seyderdem, wiewoll leyder ohne frucht, gethan. Erstlich so hab ich mich auff die intention wider mitt mr. de Louvois[1] geraccomodirt, undt zum andern, wie ich gesehen, daß schatz (wie E. L. alß sagen) mittel gesucht, umb mich zu radouciren, hab ich ihm zu verstehen geben, daß der größte gefahlen, den er mir thun könte undt welches mich alles würde vergeßen machen, were, wenn er sich bemühte, umb mittel zu suchen, ins werck zu stellen was E. L. undt ich so sehr wünschen[2], hab ihnen darneben gesagt, daß ich solches desto mehr wünschte, weillen ich vest glaubte, daß es sowoll gutt vor hir were, alß vor unß, sintemahlen das hauß[3] gar groß undt mächtig in Teütschlandt seye, welches vielleicht mehr dienst thun könte alß die andern, indem es näher seye, daß man auch nicht in sorgen sein dörffte vor die vielle schwäger, sintemahlen man nie von denen würde beschwehret sein undt daß sie alle große herren genung sein werden, umb nicht hieher zu kommen, ihr brott zu suchen. Die princes Palatine[4] hatt sich hierin zu mir geschlagen undt wir hattens endtlich so weitt gebracht, daß er resolvirt war undt mir sagte, daß, wenn die erste sach mit Bayern so übel stünde, wie man sagt, so wolte er dem König davon sprechen… Wie ich mich bey dem König in die calesch funde, brachte ich ihn allgemach auff seines sohns heüraht, da sagte er mir, daß es gar hartt in Bayern hilte undt daß hertzog Max[5] unßer großmaulgen[6] gar nicht wolle. Darauff antwortete ich: ich weiß es woll undt man hatt mir es schon auß Teütschlandt geschrieben. Da fragte er: wer? Ich sagte: ma tante von Osnabrück[7]. Ich, umb ferner in die materi zu kommen, sagte, man macht etlichmahl vorschläg, die nicht ahngehen in heürahten alß wie der von Bayern, da antwortet der König gar geschwinde, ob dießer heürath schon noch nicht gemacht [033] scheyndt, so halt ich ihn doch nicht vor gebrochen undt mein sohn hatt jetzt so eine große lust, umb sich zu heürahten, daß er nicht lenger wartten will; wenn ich etlich sachen werde nachlaßen, so bin ich versichert, daß sie mir die princes werden ahn kopff werffen. Darauff antwortete ich: das wirdt eine große ehr vor den bayerischen sein, daß sie E. M. werden waß nachlaßen machen. Ich habe gehofft, daß ihn das pickiren solte, aber er hatt mir geantwort, daß es eine geschehene sache seye undt daß er seinen sohn woll erfreüen würde, denn solcher seye in inquietude, daß sein heüraht nicht fortgehe, undt er wolle ihm sagen, daß er ahn die princes schreiben solle. Wie ich das gesehen, hab ich still geschwigen undt nichts von der andern sach gesagt. Gestern ist dießer brieff ahn obgemelte bayerische princes geschrieben worden. Wenn des Königs sohn das weiber nehmen nicht so unerhört in kopff kommen were, so hette ich all gutte hoffnung gehabt, undt dießes allein hatt unß alles verderbt. Man macht auch noch hoffnung vor unßer groß maultier[8], denn der junge Churfürst[9] hatt unßern König versichern laßen, daß er sich nicht wider seinen willen verheürahten will. … Hiemitt genung von dießer trawerigen sache, will nun von was anderst reden, so nicht viel lustiger ist undt auch verdrießlich genung, nehmblich von I. G. dem Churfürsten[10] undt die Churfürstin[11]. Ich hab ahn Monsieur explicirt, wie es zugangen, daß der Churfürst jetzt mein heürahtsgutt schicken will; er hatt drüber gelacht undt gesagt, er hette zwar nicht dran gedacht, daß es jemahlen kommen würde, jedoch weillen der Churfürst jetzt in humor seye, solches zu schicken, so solle ich ihn machen laßen… Ich habe heütte brieffe von der Königin von Spanien[12] bekommen, so viell ich aber darauß sowoll alß auß allen recitten, so ihre leütte, so wider zurück kommen, mir gethan, vernehmen kan, so ist Spanien das abscheülichste landt und die maniren die abgeschmacktesten undt langweilligsten, so man erdencken mag; das arme kint dauert mich recht, daß sie ihr leben da zubringen muß; all ihr trost seindt ihre hündtger, die sie mittgenohmen hatt. Man helt sie schon so gravitetisch, daß man ihr nicht erlaubt hatt, mitt ihrem geweßen escuyer zu reden, sondern sie hatt ihm nur zeichen mitt der handt und kopff geben, undt dießes im vorbeygehen; die frantzösche kammermägte haben sich im ahnfang nicht gewehnen können, eingespert zu sein, haben alle wider in Franckreich gewollt. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Dezember 1679 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 32–33
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0030.html
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