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Brief vom 24. September 1680

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


32.


[034]
St. Clou den 24. September 1680.
Ob meine augen mir zwar vom viellen weinen[1] so wehe thun, daß ich kaum recht drauß sehen kan undt also große mühe zu schreiben habe, so habe ich doch unßern printzen[2] nicht weg können laßen ohne ihm ein schreiben ahn E. L. mitt zu geben, undt ob zwar meine trauerigkeit undt schmertzen über den abscheülichen verlust, so wir gethan, über die maßen ist, so deücht mir doch, daß sich mein hertz ein wenig erleichtert, ahn jemandes zu schreiben, so eben so betrübt ist alß ich bin undt dießes große unglück mitt mir theilt. E. L. aber zu sagen was ich entpfinde undt wie mir tag undt nacht zu muhte ist, were woll schwerlich zu beschreiben, aber E. L. können solches leyder woll bey sich selbsten abmeßen. Nun ich sichere gelegenheit habe, kan ich auch frey herauß reden, muß derowegen sagen, daß E. L. noch glücklicher sein alß ich, denn ob sie schon eben so viel verlieren, so seindt sie doch nicht obligirt, bey denjenigen zu leben, welche ohne zweyffel ahn I. G. des Churfürstens seeliger todt ursach sein durch den chagrin, so sie ihm gegeben, undt dießes ist mir hartt zu verdauen. E. L. sagen mir in dero letzten gnädiges schreiben, daß sie sich mitt mir erfreüen, daß ich bey dem König bin, bey welchem ich so gerne bin; ja ehe er papa so verfolgt hatte, gestehe ich, daß [035] ich ihn sehr lieb hatte undt gerne bey ihm war, seitterdem kan ich E. L. woll versichern, daß es mir sauer genung ahnkommen ist undt hinfüro mein leben lang ahnkommen wirdt, ja ich hette mich auch nicht dazu resolviren können, wenn er mir nicht selbst zu Fontainebleau versprochen, daß er es beßer machen undt endern wolle, im fall ich nur woll mitt ihm lebte, undt auß dießer ursachen hab ich in wehrender reiße mein bestes gethan, welches mir aber leyder nicht gelungen ist, wie E. L. sehen. Wenn mich Gott der allmächtige so glückseelig machte undt zu papa zöche, könt mir woll nicht beßer geschehen, denn mein gantzes leben kan hinfüro nicht anderß alß ellendt sein, wie E. L. woll selber sehen. Wolte Gott auch, daß ich mitt dem printzen[3] zu E. L. dörffte, denn ich wolte lieber mitt E. L. weinen, alß hir bey allen den lachenden gesichtern zu sein, welche mir denn, wo es möglich were, meine trauerigkeit noch überheüffen. Ich glaube auch, daß I. L. der printz kein regret hatt, dieß landt zu quittiren, undt daran haben S. L. woll groß recht. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. September 1680 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 34–35
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0032.html
Änderungsstand:
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