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Brief vom 12. September 1682

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


40.


[043]
Versaille den 12. September 1682.
… Damitt ich nun aber ordentlich antwortte, so muß ich E. L. sagen, daß leider die ritterische[1] schar ihre böße ahnschläge gar nicht fehlen, sondern [044] alles was sie mir vor teüffelische ahnschläge haben, die gehn ihnen von statten, wie E. L. woll sehen. [Ich] wolte taußendtmahl lieber in einem ort wohnen, wo böße geister undt gespenster regireten, denn denen ließe unßer herr Gott keine macht über mir; dieße verfluchte ritters[2] geister aber, so nur gar zu viel fleisch undt bein haben, denen lest der König undt Monsieur alle boßheit zu, so nur zu erdencken sein; welches ich täglich nur zu gewahr werde, undt obschon der ritter[3] dem großen mann[4] seinen sohn debauchirt, abscheülich von seiner tochter gesprochen undt mich täglich verfolgt, so geschicht ihm doch über diß alles nichts undt ist schir beßer dran alß andere, so nur ihren weg fortgehen. Ach wolte Gott, daß E. L. wunsch wahr würde undt daß ihn Lucifer baldt in sein reich nehmen mögte, aber weillen er sich alleine förchten mögte, so wünsch ich ihm zu dießer reiße noch einen gesellen, nehmlich den marquis d’Effiat[5], welcher woll den weg wißen kan, denn auß seinen erschrecklichen laster undt sonsten noch boßheit kan ich nichts anderß urtheillen alß daß er schon des Lucifers unterthan muß geweßen sein, auch ehe er menschliche gestalt ahn sich genohmen hatt undt sich hieher begeben, umb mich hir auß der haut fahren zu machen. … In dießer letzte sache ist es mir gar zu nahe gangen, daß man mir ahn meine ehr undt reputation gegriffen. Ich habe madlle de Theobon[6] sehr lieb undt hette mich woll hertzlich geschmertzet, daß man sie von mir thut, indem ich sie sehr trew vor mich befunden undt stehts gar ein groß attache vor mich gehabt hatt, welches ich ihr mein leben danck wißen werde; allein so hette ich mich doch eben so erschrecklich nicht betrübet, sondern die sach eben auffgenohmen alß wie man mir die mareschalle de Clerembeau[7] undt Beauvais[8] weg gethan hatt, welche auch in der that kein ander crime hatten alß daß sie mir trew waren undt gerne bey mir, eben wie Theobon. Damitt aber dieß letzt stückel, so meine feinde mir ahngethan, desto mehr krafft hette, so haben sie es mitt nachfolgenden umbstenden bestickt: nehmblich sie haben 3 monat vorher das geschrey außgebreitet, daß ich eine galanterie hette undt daß Theobon meine brieffe trüge, undt hernach machen sie, daß sie Monsieur wegjagt auff einen stutz, mitt befehl, daß sie ihr leben kein comers[9] mehr mitt mir haben solle, undt der chevalier de Beuvron wirdt mir weggejagt auß forcht, daß ich ihn sprechen mögte, umb commissionen ahn Theobon zu geben. Ich laße E. L. jetzt gedencken, was alle welt davon judiciren kan undt ob es mir nicht schmertzlich ist, mich gantz unschuldig zu wißen undt doch eine solche schande zu erleben, ohne daß man mich einmahl ahnhört, ob ich mich [045] rechtfertigen kan oder nicht, wie sehr ich mich drumb mitt threnen gebetten. Es ist noch gar vil hirvon zu verzehlen, welches ich der post nicht vertrawen darff, allein durch Wendt[10], welchen ich erster tagen weg schicken werde, will ich E. L. alles gantz außführlich verzehlen undt bin gewiß, daß E. L. mich beklagen werden, denn ich bin gar unglücklich undt das desto mehr, daß es gantz ohne remedie ist, undt wirdt nicht ehe enden, biß daß Gott mir das leben nimbt oder den zweyen kerls, welche ich E. L. im ahnfang dießes brieffs genent, nehmblich der ritter[11] undt marquis[12]; aber ehe E. L. meinen brieff durch Wendt entpfangen werden, wirdt E. L. dießes gantz unglaublich vorkommen. In selbigem schreiben aber werde ich E. L. alles so klar erweißen, daß sie woll nicht mehr dran zweiffellen werden, undt das ist alles was ich E. L. vor dißmahl auff dießen text sagen werde. Was mad. la dauphine ahnbelangt, so bin ich über die maßen content von I. L., denn sie ist recht gutt undt erweist mir alle freündtschafft, wo es ihr nur immer möglich ist; die gutte princes hatt so treühertzig mitt mir geweint, daß ich sie auch drumb gantz lieb habe. Ich erstick schir, denn ich kan mitt niemandes recht offenhertzig reden undt jetzunder muß ich mich auch noch einhalten, denn ich darff der post nicht alles vertrawen was ich E. L. zu sagen habe, aber mitt meinem trewen Wendt werde ich kein blat vors maul nehmen, undt weillen ich ihn die 6 jahr, so er bey mir ist, dermaßen befunden, daß ich ihm dießen tittel woll mitt recht geben kan, so hab ich ihm auch befohlen, E. L. alles zu sagen was er hir gehört undt gesehen hatt. … Wolte Gott, es were mir erlaubet, alles zu quittiren undt daß ich E. L. mein leben auffwarten müste: allezeit würde niemandes assiduer sein alß ich undt darvor gern alle hießige grandeurs quittiren; sie kommen einem gar zu thewer ahn. E. L. dencken, wie ich muß verendert sein undt wie sehr mir alle die schimpff müßen zu hertzen gehen. Ich bin resolvirt geweßen, mein leben zu Maubisson[13] zu schließen undt hab den König 3 tag continuirlich drumb geplagt, auch so, daß er mir endtlich gesagt hatt, daß er sich absolutte dagegen opposiren würde undt daß ich mir solches auß dem kopff schlagen solle, denn er die tag seines lebens nicht drein consentiren würde, es möge mir auch begegnen was da wolle. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. September 1682 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 43–45
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0040.html
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