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Fontainebleau den 19. Augusti 1683.
… I. G. die Churfürstin mein fraw mutter
[1] sagte mir selber auch
zu Thumfäßel
[2], daß sie mein herren geendert funde; jedoch hatt er es auffs
best gemacht, allein es war ihm alß bang, die Churfürstin mögte von
geschehenen sachen reden, undt darumb war er so ambarassirt, undt zu meinem
glück undt auch, umb die warheit zu sagen, auff meine bitt hatt sie ihm von
nichts gesprochen, denn ich kenne den handel woll: hette man ein wort
gesagt, so were es über mich außgangen undt hette er sich wider gegen den
König beklagt, daß ich seine freünde beschreye undt also nicht woll mitt ihnen
leben will, welches in der that die gröste klage ist, so man gegen mir hatt
undt warumb er sich in den letzten händeln von mir hatt scheyden wollen;
drumb glaube ich, daß E. L. nichts desaproviren werden, daß ich die
Churfürstin gebetten habe, sich nichts mercken zu laßen, denn nun alles zimlich
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still, glaube ich qu’il ne faut pas reveiller le chat qui dort
[3], wie man
alß hir im sprichwort sagt. Mir ist es auch woll von grundt meiner seelen
leydt geweßen, die gnade nicht zu haben, E. L. in Teütschlandt auffzuwarten,
allein ich habe E. L. die proposition von einem rendevous nicht thun
dörffen, weillen man hir alle tag sagte, daß oncle
[4] den krieg gegen den
König hir wolle undt deßwegen troupen auffm fuß hette, dachte also, daß
in den zeitten ein rendevous gar mal à propo käme. Ich will doch noch
nicht ahn der hoffnung verzweiffelen, E. L. noch einmahl vor meinem endt
zu sehen, denn wenn ich mir das in kopff brächte, würde ich weder ruhig
leben noch sterben können. Man sagt hir, daß der graff von Starenberg
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sich braff in Wien wehrt; selbiger wirdt mehr gloire undt ehr von dießem
krieg bekommen, alß der gutte Keyßer
[6], so so erbarmlich geflehet hatt; es
jamert mich doch seiner. Herr Hanibald
[7] ist in Candien schon gewont,
wie man mitt den Türcken umbgehen muß: er hatt mir vor dießem viel von
den türckischen kriegen verzehlt; ich habe Max
[8], sein bruder, bey der
Churfürstin gesehen, welcher mir gesagt, daß Hanibal catholisch worden, seyder
er in bayerischen dinsten ist. E. L. haben acht, daß printz Gustien
[9], so so
große lust hatt, in Ungarn zu ziehen, es nicht mache wie der printz de Conti,
welcher durchgangen, ehe man es sich versehen hatt, undt man hatt ihn erst
zu Frankfort wider ertapt. …