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St. Clou den 27. September 1687.
… Ich sehe auch mitt freüden, daß unßere printzen zufrieden mitt
mir sein; printz Christian muntert sich nun gantz auff undt fengt ahn zu
sprechen; ich habe I. L. versprochen, ihm das gutte zeugnuß bey E. L. zu
geben, bin versichert, daß E. L. ihn zu sein advantage werden verendert
finden, wenn sie ihn wider sehen werden. Printz Ernst August macht sich
sehr beliebt bey jederman undt man findt ihn über die maßen artlich hir,
hatt alle leutte schon von sein verstandt persuadirt, undt die distinction, so
man gleich ahnfangs zwischen seinem herrn bruder undt ihm gemacht, glaube
ich, hatt zu sporen gedint, printz Christian zu ermuntern. Es kompt mir
gantz wunderlich vor, zu gedencken, daß E. L. printz undt unßer raugraff
in Griechenlandt sein
[1], wovon man in allen comedien undt romans gehört
hatt. Ich weiß nicht, ob unßere leütte jetzt ein poetischer geist regiren wirdt,
nun sie dem Parnasse undt Helicon so nahe kommen. Dießes mögte woll
eher geschehen, alß daß sie sanct Paullus’ gottesforcht undt eyffer überfahlen
möge, daß sie alles was in dießer welt ist vor dreck achten mögen, wie dießer
apostel geschriben
[2]. Was mir aber ahn allen merveillen, so unßere leütte
außrichten, ahm besten noch gefelt, ist, daß sie alle die ehre undt gloire
erwerben undt doch mitt dem leben undt gesundtheit davon kommen, undt sagen
E. L. woll recht, daß man dorten der gefahr des lebens eher entrint, alß
hir der docktoren händen. In meinem sinn gehen sie wunderlich mitt den
krancken umb: I. M. der König hatt 4 acces vom fieber gehatt; das
quinquina
[3] hatt I. M. aber gantz curirt; mad. la dauphine ihre zwey elste
printzen, alß nehmblich der duc de Bourgogne
[4] undt duc Danjou
[5] seindt
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nun alle beyde fest dran; man hatt die arme kinder heütte morgen alle beyde
zur ader gelaßen. Ich glaube nicht, daß die aderläße vor so gar kleine kinder
gutt seye, der elste ist ja nur 5 jahr alt undt erschrecklich mager undt ellendt
geworden. Ich bin versichert, daß wenn die gutte fraw von Harling dieße
beyde printzen unter henden hette, würde sie sie beßer couriren, alß alle die
docktoren hir. … Daß oncle
[6] Carllutz
[7] so sehr estimirt undt ihn bey sich
behalten wollen, ist mir von hertzen lieb zu vernehmen; es ist woll genereux
ahn E. L. undt oncle, daß sie sich seiner so gnädig ahnnehmen, denn sunsten
hett er wenig hulff in dießer welt. Ich treibe so viel ich kan hir bey Terast
[8],
daß man etwaß zu Heydelberg vor die arme kinder thun mag, undt man
gibt mir immer gutte hoffnung; was drauff erfolgen wirdt, wirdt die zeit
lehren. Ich glaube nicht, daß es Carllutz avantage sein könte, eine reiche
frantzösche witwe zu heürahten undt von religion zu endern, denn man frägt
hir gar nichts darnach, daß außländer catholisch werden, wenn nur des
Königs unterthanen umbsadlen
[9]… Es ist mir lieb, daß seine schwester Carolline
nun auch zu Berlin ist; apropo von Berlin: die gutte mad. la marechalle
de Chomberg
[10] hatt mich so sehr gebetten, sie doch bey E. L. zu
recommandiren, damitt E. L. sie doch bey I. L. der Churprintzes auch
recommandiren mögen. Es ist gewiß, daß sie gar eine ehrliche raisonable dame ist,
so verstandt hatt undt gar ein gutt gemüht; ich bitte E. L., daß, wenn sie
doch ahn I. L. die Churprintzes schreiben, ihr doch zu sagen, daß ich I. L.
demütig bitte, doch ein wenig bonté vor die marechalle zu haben, undt ihr
zu sagen, daß ich sie gelobet undt in ihrer faveur ahn E. L. geschrieben habe. …