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Brief vom 14. April 1689

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


86.


[104]
Versaille den 14. April 1689.
… Ob ich schon dem Churfürsten zu Pfalz nichts übels gönne, so ist doch nicht was mich schmertzt, daß man die arme Pfaltz so übel zugericht hatt, seyderdem sie in seinen händen ist, sondern was mich darin grollet, ist, daß man die arme Pfältzer in meinem nahmen betrogen, daß die arme unschuldige leütte auß affection vor den Churfürst unßern herr vatter seeligen gemeint, sie könten nicht beßer thun alß sich willig ergeben, undt daß sie mein sein würden undt glücklicher leben, alß unter dem jetzigen Churfürsten, weill ich noch von ihrer rechten herren geblüdt bin, undt daß sie sich nicht allein in dießer ihrer hoffnung betrogen finden undt ihre affection sehr übel recompensirt sehen, sondern auch daß sie in ein ewiges ellendt undt misere dadurch gerahten seindt. Das schmertzt mich, daß ich es nicht verdawen kan. Hette ich hir etwaß, so mich sonsten erfreüen könte, so würde vielleicht unahngesehen alles ellendes, so man erlebt, doch noch woll etlichmahl lustig sein können, aber eben dieselbige leütte, so ahn meines armen vatterlandes unglück schuldig sein, verfolgen mich persönlich hir auch undt kein tag vergeht, daß man nicht waß neües verdrießliches hatt; undt mitt dießen leütten [105] allen muß man sein leben biß ahns endt zubringen; undt wenn sie einem nur sagen wolten, was sie wollen, könte man sich darnach richten, aber man sagt einem nichts, undt alles was man sagt undt thut, findt man übel. Ich wolte lieber, daß man mich heimblich schlüg undt daß ich darnach quit davon were, alß daß man mich so zergt[1], wie man thut, denn das quelt einem das marck auß den beinen undt macht einem das leben gantz verdrießlich. Ich habe noch waß anderß gemerckt, nehmblich daß, wenn der König förcht, daß Monsieur könte böß über ihn werden, alß zum exempel, wenn er seinen bastard große gouvernementen gibt undt ihme nichts, wenn er willens ist, eine bitte abzuschlagen, so Monsieur dem König gethan, oder wie jetzt, wenn er ihn hir sitzen lest, ohne ihm eine eintzige armée ahnzuvertrawen, undt kein comando gibt undt was dergleichen mehr sein mag, dan flatirt der König die Lottringer undt alle meines herrn favoriten, mich aber tractirt er sehr übel undt mitt mespris, undt weillen Monsieur dieße lieb hatt undt mich hast, bezahlt man ihn auff dieße weiße; womitt denn Monsieur sehr woll zufrieden ist undt weiter nichts begehrt. Der König könte woll zu mir sagen wie Mitridatte zu Monime in der comedie[2]:
Mais vous me tenés lieu dempire et de courone
Une taille[3] me restés, souffrés que je vous donne;
denn es ist gewiß, daß ich alß vor alles bezahle, undt bezahle allein, denn alle andern, so umb Monsieur sein, kompt es zu nutz. Aber ich will E. L. nicht lenger mitt meinen lamentationen verdrießlich fallen undt von waß anderß reden. Apropo daß E. L. sagen, daß unßer König in Engelandt[4] E. L. jammert undt daß die pfaffen alles verderben, wo sie macht haben, so muß ich E. L. ein schön dictum schreiben, so ich heütte gelehrnt habe undt welches E. L. gewiß beßer divertiren wirdt alß meine klagen:
Le prince d’Orange gouverne tout,
Le cardinal de Furstenberg brouille tout,
Le roy de France demande tout,
Le pape refusse tout,
L’Espagne pert tout,
L’Allemagne s’opose à tout,
Les jesuites ce[5] meslent de tout.
Si Dieu ne met ordre à tout,
Le diable emportera tout.
[106] Die dießes gemacht haben, hatten ebenso gutte opinion von den herrn jesuwittern alß E. L., wie E. L. sehen. …
Man sagt, daß in Irlandt eine kleine provintz ist, alwo die weiber die waffen vor den printzen von Oranien ahngenommen haben undt gegen den König revoltirt; das ist à leur honneur et gloire, denn man kan nicht sagen, daß sie es thun, weillen der printz ihrem sexe zu woll gewogen ist, indem man ihn accusirt, daß er andere inclinationen hette. Unßere beyde printzen Christian undt Ernst August haben mir die ehr gethan, mir auß Italien zu schreiben. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. April 1689 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 104–106
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0086.html
Änderungsstand:
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