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Brief vom 23. Juni 1691

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


113.


[133]
St. Clou den 23. Juni 1691.
… Den gutten König in Engellandt, den wir hir haben, kan man woll auß mittleyden lieb haben undt wegen seiner eygenen schuldigkeit trew verbleiben, allein seine person ist nicht gar attirant undt ich bilde mir ein, daß der printz von Oranien[1] ahngenehmer ist undt woll taußendtmahl mehr verstandt hatt. Ich glaube aber, daß er auch etlich mahl woll gewahr wirdt, daß eine crone, ob sie zwar schön gläntzt, doch etlich mahl eine schwehre last ist undt mehr alß einmahl kopffwehe giebt. Wenn man meine stimme undt meinung folgen wolte, würde gewiß niemandes wegen seines glaubens geplagt werden undt ein jeder leben, wie es ihm ahm besten deücht, denn ich habe nicht vanitet genung, umb jemahlen mir einzubilden, daß mich Gott der allmächtige in dieße welt gesandt hatt, umb aller seelen richter zu sein undt umb zu wißen, wer seelig werden kan oder nicht. Ich weiß woll, daß mir ahnbefohlen ist, mein bestes zu thun, seelig zu werden, aber zu sagen: dieße seindt seelig undt jene verdampt, das glaube ich nicht, daß das einem menschen erlaubt ist, wer es auch sein mag, so zu urtheilen. Ich glaube, daß die woll leben auch woll sterben werden, undt da laß ichs bey bewenden. Hette es unßer gutter König Jacob so gemacht, were er vielleicht noch auff seinem thron.
Carl Moritz[2] möchte ich gern einmahl sehen sowoll alß seinen bruder[3]; aber waß wirdt der arme bub im vatterlandt machen, wo kein hauß mehr zu finden ist? Ich bin recht fro, daß Carolline nun duchesse ist[4]. Ich wünsche den armen raugräfflichen kindern alles guts undt mögte wünschen, daß ich ihnen dienen könte, aber es stehet leyder nicht bey mir …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 23. Juni 1691 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 133
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0113.html
Änderungsstand:
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