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Brief vom 18. September 1691

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


120.


[138]
Fontainebleau den 18. September 1691.
… Mons. de Louvoy ist nun so vergeßen hir, daß man nicht mehr dran denckt, ob er ist vergeben worden oder nicht. Ich glaube, sein sohn, mons. de Barbesieu[1], wirdt sich nun baldt heürahten undt eine dame nehmen, so sein elster bruder hatt haben sollen, mons. de Courtenveau[2]. Die dame aber, so madlle d’Hussay[3] ist, hatt lieber den jungsten gewolt, undt hiran hatt sie groß recht, der elste ist sot undt sehr heßlich, undt Barbessieux ist all artlich undt hatt verstandt, undt einer ist so reich alß der ander. Ob der elste zwar erstlich gar verliebt schiene, so hatt er sich doch gleich in seines brudern willen ergeben; ich glaube aber, nachdem er seinen hoffmeister zu Rom vergifft, wirdt sein bruder woll thun, nicht viel mitt ihm zu eßen. Unßer großer mann[4] hir ist incapabel, ein solches vorzunehmen; ich weiß undt kene leütte, so ihm offrirt haben, den printzen von Oranien[5] zu assassiniren; er hatt es aber nie zugeben wollen; ich glaube aber gar woll, daß sich noch viel finden, so dießen indiscretten zelle[6] haben. Der printz von Oranien muß doch eine rechte grandeur d’ame haben, sich so wenig vor dem todt zu scheüen; daß er meritten hatt, kan man ihm gewiß nicht benehmen … Unßer gutter König in Engellandt[7] ist gewiß woll zu beklagen, nun hatt er auch den armen duc de Tirconel[8] verlohren, welcher soll vergifftet worden sein in Irlandt. Der König undt die Königin wollen hir keine comedien nicht sehen, noch musiq hören; das wirdt ihnen doch weder helffen noch schaden. Ich glaube, daß, wenn sie unßern lieben Herrgott hetten vor seine ehr sorgen laßen, ihn hübsch in ruhen nach ihres hertzens wunsch gebett undt ahngeruffen undt im übrigen eher die comedie ahngehort, alß der pfaffen discours undt contreverse, weren sie jetzt ruhig in ihrem Königreich. Es ist doch eine possirliche sache, daß E. L. so viel catolische machen können; wenn die hertzogin von Zelle[9] es gantz sein wird, werden E. L. ihr ein schön buch weißen können, so mir vor etlichen tagen ist zu handen kommen, undt im fall E. L. kleine enckel märcher von nöhten haben, umb einzuschlaffen, wirdt man die dieselbe erzehlen können. Mir gibt es ein schlechte idée von den heyligen; ich habe mir alß eingebildt, daß wir unßers herr Gotts [139] marionetten sein, denn man macht unß gehen hir undt daher allerhandt personage spiellen, undt darnach fallen wir auff einmahl undt das spiel ist auß; der todt ist Polichinel, der ein jedem seinen stoß gibt undt vom theatre weg stöst. Ich glaube nicht, daß man einem architecte einen pas[10] versagen würde, so nur kommen könte, umb St. Clou undt den garten zu Versaillen zu sehen, undt glaube ich nicht, daß man ihn fragen solte, von welcher religion er ist. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. September 1691 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 138–139
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0120.html
Änderungsstand:
Tintenfass