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Brief vom 3. Juli 1692

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


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Paris den 3. Julli 1692.
Umb mich in die gutte gewohnheit zu erhalten, E. L. alle post mitt meinen schreiben auffzuwarten, so schreibe ich heütte, ob ich zwar keinen gnädigen brieff von E. L. entpfangen habe. Mr. de Balati wirdt E. L. ohne zweiffel schon die vergangene Montagspost berichtet haben, wie daß die Königin in Engellandt von einer printzessin genehßen ist[2] undt daß niemandes dabey war alß ihre damens, mad. de Montchevreuil undt die fraw von Meyercron, des dänischen envoyé fraw, bin also dispensirt, zeüge zu sein. Gleich andern tags fuhr ich nach St. Germain, I. M. zu besuchen. Ich fragte den duc de Poisse, ob die Königin gar kranck geweßen were? Der antwortete mir mitt einer naifitet, die mich von hertzen lachen machte, o ouy, Madame, la reine a esté bien malade, car j’ay entendu qu’elle crioit: je suis fandue, je suis fendue. Der König hatte verbotten, daß man der Königin nicht sagen solte, ob es ein printz oder princes seye, darmitt daß sie keine esmotion bekommen mögte; alß sie aber niederkommen war undt die damens kamen, das kint zu sehen, schrien sie aber auff einmahl: ah que la princesse ressemble au roy! Da war alles woll verfelt.
Vergangenen Dinstag haben wir hir die zeittung bekommen, daß das schloß von Namur über ist[3]. Ich fuhr eben selbigen tag ins arsenal, umb dortten ein heüßgen zu sehen, worinen viel arttiche indianische sachen sein; unßere damens in mein kutzsch rieffen ahn etliche kauffleütte, daß Namur über seye; da hatt sich das pöpelvolck eingebildt, ich führe expres herumb, umb dieße zeittung außzubreitten, sie sambleten sich umb meine kutzsch undt rieffen: vive le Roy et Madame! Andere haben dazu gesetzt, ich were in die bastille gefahren undt hette selber die stücke auß freüden gelöst, hernach hette ich in die kirch de Nostredame ein bouquet von allerhandt blumen ahn die vierge pressentirt, welches so schwer were geweßen, daß ich es selber nicht hette tragen können. Ich schäme mich recht, daß man so viel narredeyen von mir verzehlt; ich fürchte den lardon oder die quintessence des nouvelles hirüber, denn wenn dieße sottise in Hollandt kompt, wirdt man mir braff mein fait geben, welches ich doch warlich nicht verdint habe … [158]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 3. Juli 1692 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 157–158
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0139.html
Änderungsstand:
Tintenfass