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Brief vom 20. November 1692

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


152.


[169]
Versaille den 20. November 1692.
… Weillen E. L. mir sagen, daß man das schloß zu Hannover lenger gemacht hatt undt das bey meiner cammer zu, so muß auß dem met verlöff met verlöff kackhauß, so in meiner cammer geweßen, ein comedisahl geworden sein, welches eine schöne metamorphose ist undt schir so schön alß wie die von dem hauß von den zwey alten leütten, deren hauß in einen temple verwandelt wurde, welche Philemon undt Baucis[1] hießen. Ich wolte, daß man mich ahnstatt in einen baum in einen vogel verwandeln könte, so würden mich E. L. baldt bey sich sehen … Ich bin von hertzen fro, daß E. L. von meiner meinung sein undt ein destin undt enchainement in allen sachen glauben. Man sicht es ja so clar in hundert sachen in der welt, daß ich nicht begreiffen kan, wie man noch dran zweyfflen will; undt so starck unßere eygenlieb auch sein mag, welche unß allein kan glauben machen, daß wir einen eygenen willen haben, so finden wir doch so manchmahl in unßerm leben, daß etwaß anderst alß unßer will unß treibt undt regirt, daß woll nicht zu zweyfflen ist, daß wir nichts thun alß was lengst versehen war, daß wir thun solten, weillen alß eine sach eine andere nach sich zieht … Den hertzog von Wirttenberg[2] sehe ich alle tag, ich thue mein bestes, I. L. zu entreteniren, allein die conversation kan ohnmöglich lang dauern, denn entweder antwort er nur par mot et silabe oder gar nicht; ich weiß nicht, ob es auß politique ist oder ob er nicht anderst spricht … Man sagt hir, daß er in seinem landt sehr verhast seye, hette die unterthanen sehr geprest undt viel millionen gezogen, die er alle beyseyt gesetzt hette undt also sein händtgen hübsch gemacht hette. Man sagt auch, sein nepheu[3] hette ihn gar nicht lieb undt begehrte einen andern administrater. Alle die I. L. den Churfürsten von Bayern[4] kenen, haben mir ihn sehr gelobt, ich bin aber verwundert, zu vernehmen, daß unßer elster printz[5] freündtschafft mitt I. L. dem Churfürsten gemacht hatt, denn mich deücht, der printz ist so particulier undt redt nicht gerne, welches kein thuns ist, umb große freündtschafft zu machen. Weillen der junge Churprintz von Bayern[6] nun einmahl zu rechter zeit gebohren worden, hoffe ich, daß er leben wirdt. Des Churfürsten von Bayern amour war doch nicht imprudent, daß er sich von seiner metres[7] [170] absentirt, damitt die Churfürstin seine gemahlin[8] glücklich geneßen möge; die Churfürstin kann noch hoffen, daß, wenn sie schwanger wirdt werden, daß die metres alßdan wider wirdt abtretten müßen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. November 1692 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 169–170
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0152.html
Änderungsstand:
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