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Versaille den 30. November 1692.
… Ich weiß nicht, ob wir morgen unßern gutten König in Engellandt
auff der jagt haben werden, denn wo wir jagen werden ist all zimblich weit
von St. Germain, doch glaube ich, daß I. M. geschäffte sie nicht verhindern
werden, auff dieße jagt zu kommen. Vor 8 tagen jagten wir mitt einander,
da war er auch gar lustig. E. L. haben woll groß recht, zu glauben, daß
König Wilhelms regirung nicht ohne sorgen undt chagrin sein kan, denn es
ist woll gewiß, daß die Engelländer wunderliche köpffe sein, undt das glück
folgt nicht allezeit seinen gutten intentionen, wie man woll sicht; aber das
hatt er doch zum trost, daß er doch zum endt geführet hatt was er
ahngefangen undt gewiß keine geringe figur in Europa macht. Man sagt hir, seine
gemahlin
[1] seye sehr ambitieuse; wenn das ist, hatt sie doch auch trost, denn
wenn ihr herr in der armée ist, regirt sie ja über 3 Königreiche. Solte sie
aber so wenig ambition haben alß ich, hergegen aber ihren herrn vatter
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recht in der that lieb haben, alß wie ich I. G. den Churfürsten
[3] seelig
gehabt, so ist sie woll zu beklagen. Ich kan es aber schwerlich glauben, denn
ich fühle in mir selber, daß kein pretext in der welt mich hette persuadiren
können, was gegen I. G. den Churfürsten seelig zu thun; man hette mir
eher das leben genohmen. Es ist mir leydt, wenn ich dem Churfürsten von
Bayern unrecht gethan habe, ihn zu soubconiren; allein E. L. müßen mir
es gnädig verzeyen. Man hört undt sicht hir nichts anderst alß solche leütte,
also kein wunder, daß man glauben kan, daß anderwert auch dergleichen
laster sein mögen. Hir were es inmanquable, wenn man von einem fürsten
sagte, daß er gerne schöne undt wollgeschaffene leütte sicht, undt ob sie schon
die dames lieb haben, hindert solches nicht. Es seindt nicht 6 hir, so nur
bloß auff einen schlag debauchiren, aber mehr alß taußendt, glaube ich, so
vor manns- undt weibsleütte sein undt sich ahnstellen, alß wenn sie die
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damens gar lieb haben, aber nichts desto weniger große debauchen mitt
ihren freünden thun; brot eßen ist nicht gemeiner hir in Franckreich nun,
alß obgemeltes laster. Das macht auch, daß schir alle junge leütte vom hoff
gantz ohne politesse sein undt wie rechte bawern …