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Brief vom 25. März 1694

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


178.


[191]
Paris den 25. Mertz 1694.
… Wie ich auß unßerer gutten hertzogin[1] schreiben ersehe, so verlangt I. L. sehr wider nach Hannover, finden den Zellischen hoff trawrig, undt I. L. sagen, daß ein solcher unterscheydt zwischen dem Zellischen undt E. L. hoffe seye, daß es nicht zu beschreiben ist, undt hette patte[2] sie nicht so sehr gebetten, were sie nicht so lange zu Zelle blieben. Ich bin allemahl recht fro, wenn ich auß E. L. brieffe ersehe, daß sie sich lustig machen, denn das macht lenger leben. Ich, die von lautter miseri hir höre, bilde mir ein, daß die gräffin Platten[3] sich ruinirt mitt ihre festins. Von Hannover hört man nichts alß von lustig machen undt festins, undt hir von nichts alß hungerleyden, thewerung undt trawrig sein, das ist gar different … Mich deücht, wenn man etwaß lustiges gehabt hatt, bleibt einem doch noch ein [192] gutter nachdruck undt eine hoffnung, die vergnügung gibt, wider mitt der zeit zu waß guttes zu gelangen; hingegen aber, wenn man nichts alß trawrigkeit undt miserie sicht, vergeht auch die hoffnung, jemahlen wider lustig zu werden, undt das macht, daß man sein alter mehr gewar wirdt, alß bey der lust, da man es offt vergeßen kan. … Die moraliteten schlaffen mich nicht ein, sie werden denn in einer cantzel gepredigt. Ich glaube, daß ich auch woll ahnfange, das Frantzösche mitt dem Teütschen zu mischen, denn ich rede nun gar selten teütsch undt das lesen erhelt die sprache nicht so woll alß das sprechen … Ich finde die lust von denen mitt den closterbirnen so abgeschmackt, daß ich sie nicht vor glücklich schätzen kan. Der Ester ihr leberwurstische advanture ist zu Franckenthal geschehen. Der balbirer, so die Ester die leberwurst auß dem leib gezogen, ist nicht der eintzige, so dergleichen inspectionen gehabt hatt. Der König fangt ahn, die laster zu straffen, undt thut woll; es war gar zu arg. Chev. de Bouillon[4] soll weg gejagt werden undt l’abbé Dentrague[5] ist es schon; dießer verkauffte mädgen undt buben, wie ein jeder es begehrte. Wenn der König alle die abstraffen undt exilliren wolte, so es merittiren, würden kein halbdutzendte junge leütte bey hoff bleiben …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. März 1694 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 191–192
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0178.html
Änderungsstand:
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