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Versaille den 9. December 1694.
Weillen cachetten undt agathen bey den reliquien
[1] seindt, so oncle
ahn den abt Molanus
[2] geben, so mögten vielleicht auch woll etliche drunter
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sein wie eine reliquie, so ein König in Franckreich ahn die sainte chapelle
geben undt mitt vier goltenen evangelisten auff den 4 ecken eingefast ist:
es ist gar ein groß stück von einem orientalischen agat, in relief gearbeit.
Man hatt es vor die historie von einem heylligen gehalten undt wurde
jederzeit alß eine reliquie verehrt. Vor wenig jahren aber ging ein gelehrter
undt welcher sich woll auff antiquen versteht, in die sainte chapelle auß
curiositet, zu sehen was darinen ist. Wie er dieße reliquie bey dem licht
besahe, fand er, daß es Augustus gantze famille ist, die gesichter gar perfect,
gleich wie sie in den medaillen seindt: welcher Germanicus in dem himmel
entpfängt
[3]. Man sagt, es seye das schönste stück, so man sehen kan. Wenn
ich zu Paris sein werde, will ich einmahl hin, umb es zu sehen. Das seyndt
schöne heylligen, wie E. L. sehen, undt erweist, wie gelehrt die Könige undt
die, so sie bey sich hatten, damahlen waren. Das liedt, so E. L. cittiren,
hatt mich von hertzen lachen machen. Ich würde auch E. L. meinung
geweßen sein über sanct Blasius, wenn ich sein horn gesehen hette
[4]. Ich
erinere mich noch gar woll E. L. hebamme, so von Embeck
[5] war undt alß
einen weißen schleyer drug, auch gar rotte augen hatte. Der abt von
Lockum mag woll die reliquien ein million estimiren, ich glaube aber nicht,
daß der papst selber devot genung ist, umb das gelt davor zu geben. Ich
bilde mir ein, dießer abt divertirt sich mitt den reliquien, sie in ordre zu
setzen, wie ich mich mitt meine agatten. Ich muß noch lachen, daß E. L.
sagen, daß sanct Chrisostomes kopff nun nicht klüger ist, alß Eüllenspigel
seiner: ich habe nie gewust, daß Eüllenspiegel zu Henrich des Löwen zeitten
gelebt, ist villeicht sein hoffnar geweßen …