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Brief vom 24. März 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


203.


[213]
Versaille den 24. Mertz 1695.
… Es mag gar woll sein, daß ich den nahmen verschrieben von dem graffen, so der gräffin von Fürstenberg nach seinem todt erschienen ist, denn kein mensch in der welt hatt ein schlimmer gedachtnuß alß ich. Niemandes kent die Öhnhaußen[1] beßer alß ich; sie war ja von meinen spielcammeraden, wie ich zu Hannover war; die lieb funge ahn, wie Meißbuch[2] noch cammerpage war, undt Öhnhaußen war damahls bey marschalck Frobendorff[3] seiner frawen undt kame alß mitt Drimarigen[4] undt Ficken[5] zu mir. [214] Ich erinere mich ihrer noch gar woll, sie war mehr klein alß groß, hatte braune hahr, ein rundt gesicht undt ein wenig hohle augen; sie war recht betrübt, daß ihre große armuht sie obligirte, bey der hertzogin von Zelle zu sein. Sie schrieb mir gar einen beweglichen brieff drüber nach Heydelberg. Ich erinere mich mich noch woll von ihrer historie, wie sie meinte, ihren Meißbuch gesehen zu haben; es war kurtz hernach alß E. L. von Heydelberg weg waren, nach der reiße von Ittallien[6]. Es ist leyder nur allzu wahr, daß viel sachen in der natur undt uns gantz nahe sein, die kein mensch nicht weiß. Eine imagination muß woll starck sein, wenn man sich einbilden kan, jemandes vor sich zu sehen, den man ohnmöglich sehen kan. Ach leyder, wo papa [seelig] nun ist, da kan er weder mitt pfaffen, docktoren noch advocatten geplagt werden …
E. L. schicke ich hirbey die lügenhaffte historie[7] undt waß ich drauff geantwort. Es ist dem envoyé von Denemarck[8] von Hamburg geschickt worden. Er hatt sie suprimirt, wie ichs ihm gebetten hatte. Ich weiß nicht, ob die comedie la coquette die ist, so Baron[9] gemacht hatt; wenn es die ist, sehen wir sie offt hir, ist es aber eine von einem andern authoren, habe ich sie nie gesehen. Ich kan der Zelleschen princessin[10] lust nicht begreiffen. Ambott[11] hatt mich sehr gebetten, dießen brieff noch ahn die gräffin Platten zu schicken; ich sehe doch, daß der arme bludt[12] nicht gelogen hatt …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. März 1695 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 213–214
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0203.html
Änderungsstand:
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