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Brief vom 24. Juli 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


213.


[221]
St. Clou den 24. Julli 1695.
… Aus waß E. L. mir von mad. de Salmour[1] berichten, sehe ich, daß mad. de Savoye woll groß recht hatt zu sagen, daß sie gantz romanesque ist. Erstlich hatt der papst den heüraht nul declarirt, hernach vor gültig: ich mögte wißen, in welchem von beyden er infailible ist. Meine meinung ist, daß der margraff es selber erklären wirdt, undt es deücht mir, ich sehe von hir auß, wie es ablauffen wirdt, wenn man sie nur gewehren lest: die dame ist romanesque undt coquet, der printz gar verliebt; sie wirdt sich nicht halten können, mehr conquesten thun zu wollen, der printz wirdt jalous werden undt sie plagen, das wirdt ihr noch mehr lust geben zu courtesiren, sie werden darüber einander müde werden undt ahn platz der liebe wirdt ein perfecter haß kommen; da wirdt sich der printz erinern, daß es ein mißheüraht ist undt der Churfürst sein herr bruder nicht drin consentirt hatt, dießen pretext wirdt er nehmen, den heüraht wider vor nul zu declariren. Man hatt mir gestern gesagt, daß papa s[eelig] noch einen buben in der Schweitz hatt, so er von einer Schweitzerin solle nach der raugräffin todt bekommen haben[2], so bey der raugräffin jungfer geweßen undt Holländerin solle geheißen haben, daß er das kindt nicht erkendt hette, weillen er zu geschwindt gestorben drüber, ihm aber etwaß gelts in die Schweitz geschickt, wo er erzogen wirdt. Man setzt dazu, daß die mutter einen steinreichen mann in der Schweitz genohmen undt sich all sein gutt hatt vermachen laßen, aber waß eingenohmen, damitt sie nie keine kinder von ihm bekompt, damitt all das große gutt auff papas sohn fahlen möge. Ich mögte wißen, ob dieße historie wahr ist, denn bißher hatte ich gar nichts davon gehört; ich will Louisse[3] fragen, ob sie waß davon weiß. Ich glaube, daß der letzt [222] verstorbene König in Engellandt[4] auch woll hundert stück bastard gehabt hatt sowoll alß des itzigen Königs in Denemarck groß herr vatter[5]. Wie ich hir von den Wienischen[6] damen reden höre, so seindt sie gar nicht cruel; dem freüllen Königsmarck muß die zeit nun gar lang fallen; sie mag nun ein escriteau ahnhencken, wie man hir in Franckreich thut, undt drauff schreiben: place à louer …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. Juli 1695 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 221–222
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0213.html
Änderungsstand:
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