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St. Clou den Donnerstag 23. Augusti 1696.
… Ich glaube, daß, wenn wir auß dem schöpffer gefloßen weren,
wie mons. Helmont meint, wir perfecter sein würden, alß wir sein undt
nicht mitt so viel unglück undt ellendt behafft sein, wie die armen creaturen
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alle sein. Auch kan ich nicht begreiffen, wie korn dencken kan undt eine seele
haben, denn alle unßere gedancken kommen von den sinnen, vom gehör,
gesicht etc., korn aber, das weder augen, ohren, geschmack, geruch noch gefühl
hatt, waß kan das dencken? Waß ahnlangt, daß er sagt, daß es eine schlegte
arbeyt were, waß vergängliches zu machen, so ist es doch gar sicher, daß der
leib vergeht. Ich muß von hertzen lachen, daß Helmont in keine kirche gehen
will undt sagt, daß er mitt den pfaffenlügen nichts will zu thun haben.
Ich kan nicht glauben, daß unßer Herrgott einem menschen, wie dießer ist,
wenn ja ein ander welt ist, nichts guts lest zukommen, der so woll gelebt
hatt, denn wenn er ihn abstraffen solt, weill er nicht in die kirch beten geht,
were es eben alß wenn ein König oder fürst einen seiner trewen unterthanen
abstraffen wolte, weillen er nicht bey ihm bettelt undt alle tag ein
compliment macht; da halt ich den almächtigen gar zu raisonabel vor … Ich
kan nicht begreiffen, wie oncle, der doch verstandt hatt, so eine schlime
excuse gibt, E. L. nicht mitt nach Linsburg zu nehmen, denn er weiß ja woll,
daß E. L. woll wißen, daß die hertzogin von Hannover
[1] noch in gar langer
zeit nicht wider bey E. L. sein kan. Männer wollen allezeit ihre autoritet
erweißen, es seye in großen oder in kleinen sachen, undt dencken nicht, daß
das leben ahngenehmer vor sie selber undt vor die weiber were, in gutter
freündtschafft zu leben alß rechte gutte freünde. Man verstehet sich nicht
genung in dießer welt einander glücklich zu machen, undt das solte man doch
thun, weill leyder das menschenleben ja so kurtz ist. …