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Brief vom 13. September 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


253.


[255]
Versaille den 13. Sept. 1696.
… Nach meinem geringen verstandt ist es viel beßer, die leütte glauben zu laßen waß sie wollen, denn den glauben kan doch niemandes zwingen undt man macht nur lautter heüchler auß den leütten, wenn man sie in ihrem glauben zwingen will. Mich deücht, Wey[1] ist nicht in einem standt, hochzeit zu halten. Von reputation kene ich die fraw von Busch[2] woll; der arme C. A. Haxthaussen s[eelig][3] hatt mir viel von sie verzehlt; er war auch gar verliebt von sie geweßen. Wey tahte eine große thorheit, sich zu verstecken, wie er E. L. zu der fraw von Busch kommen sahe, denn hette er sich nicht versteckt undt were fein da geblieben, hetten E. L. nichts anderst meinen können alß daß es eine bloße visitte were geweßen, daß ihnen aber so angst ware, erwieß waß anderst. Ich glaube leicht, daß E. L. keine lust hatten, lange dabey zu bleiben. Nun wirdt aber der heüraht wider alles gutt machen. … Vorgestern habe ich I. M. den König verbinden sehen, seine wunde ist lenger alß eine handt undt creützweiß. Er leydt alle schmertzen mitt einer großen gedult undt standthafftigkeit. Man tractirt mich nun ein [256] wenig beßer alß im ahnfang undt man lest mich nicht mehr so lang ahn der thür wartten. Ich glaube nicht, daß die wunde vorn mont[4] zu kan sein; man muß hoffen, daß es I. M. hernach eine sterkere gesundtheit geben wirdt, ich wünsche es von hertzen, denn wie ich des Königs sohns humor sehe, würde alles noch zehnmal ärger werden alß es ist, wenn dießer solte König werden, denn er ist woll wie der jesuwitter zum mons. d’Hottincour[5] sagte: en bon chemin, denn er mag woll gar nicht raisoniren, man lest die abbés raisoniren, denn man sagt, daß die, so da predigen müßen, alles wißen sollen. …
Der Königsmarck hette der printzes von Allen[6] ein schlegt present ahn seiner niece[7] gethan. Die princes von Allen[8] muß ihrer einsambkeit müde werden, daß sie wider ahn ihren herren, E. L. undt oncle geschrieben hatt. Wenn sie ein wenig ein gutt gemühte hette, müste sie zu beklagen sein, des gutten ehrlichen Haxthaussens cörper so ahnkommen zu sehen; wenn ich ahn ihn gedencke, macht es mich trawerig, wie muß es dan ihr zu muhte sein! Es ist jetzt gar nichts neües hir. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. September 1696 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 255–256
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0253.html
Änderungsstand:
Tintenfass