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Paris den 22. November 1696.
… Die frantzösche beaux esprits können nichts von mons. Leibnitz
schriefft wißen, weillen es auff teütsch ist, undt ich habe auch lang keinen zu
sehen bekommen; man sicht nur leütte jetzt, so ihre fortune im kopff haben.
Der König hatt endtlich decidirt: la princesse
[1], wie man sie heist, wirdt
alß duchesse de Bourgogne tractirt, ob I. L. zwar den nahmen noch nicht
führen. Die Königin in Engellandt
[2] hatt sie alß duchesse de Bourgogne
besucht. Der hertzog
[3] undt die hertzogin
[4] von Savoye haben groß ursach,
zufrieden zu sein von dem tractement, so ihre fraw dochter hir entpfängt.
Der König hatt nichts anderst mehr im kopff, alß dießes kint, kan nicht
daweren ohne sie zu sehen, hatt sie einsmahl gar in den raht kommen laßen.
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Diß medgen ist recht ittallienisch undt politisch, alß wenn sie 30 jahr alt
were. Es ist hir ein envoyé von ihrem hoff, so premier escuyer von ihrer
fraw mutter ist, kent ihn also gar woll; sie thut aber nicht, alß wenn sie
ihn kent, sicht ihn kaum ahn undt spricht nicht mitt ihm, auß forcht, daß es
der König übel nehmen möge undt glauben, daß sie noch ahn ihr vatterlandt
attachirt ist. Diß gefelt mir nicht, denn ein gutt naturel undt gemühte soll
so seine eygene sentimenten nicht verbergen undt vor keine schande halten,
seine eltern undt vatterlandt zu lieben, denn wer die nicht liebt, so einen
erzeügt undt erzogen haben, wirdt schwerlich frembte recht lieben können. …