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Brief vom 25. November 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


262.


[263]
Paris den 25. November 1696.
… E. L. werden nun schon wißen, wie unßere kleine braut[1] ist entpfangen worden undt wie sie doch endtlich den rang von duchesse de Bourgogne bekommen, ob sie zwar den nahmen noch nicht führt, sondern nur bloß la princesse genennt wirdt. Da sie doch endtlich vor mich gehen müßen, kan es ja nichts auff sich haben, ob es ein jahr eher oder spätter ist, denn außer das vorgehen hab ich doch kein ander agrement gehabt, die erste zu sein, denn führte der König damens nach Marly, wurden sie in der bastard nahmen eingeladen; hatt man die Königin in Engellandt entpfangen, haben eben selbige bey dem König die haußehre gethan; hatt der König particulir partheyen gemacht, seindt sie mir immer vorgezogen worden, cedire also dießen platz gantz ohne schmertzen … Mad. de Chartre[2] undt mad. la duchesse[3] haben ein groß eclaircissement mitt dem König vergangene woche gehabt; mad. de Chartre soll sich aber beßer entschuldigt haben, alß ihre schwester. Die regirende dame[4] hatt doch die generositet gehabt, ob sie zwar so große ursachen hatt, übel zufrieden von ihnen zu sein, ihnen eine audientz bey dem König zu obteniren. Die bursch sparen den vatter eben so wenig alß die stieffmutter, denn vor 3 jahren machten sie wunderliche lieder auff ihm: dißmahl soll er ihnen die meinung dichte gesagt haben; es scheindt, daß es ihm mehr verdriest alß was man gegen ihm selber gethan. Die passion, so der herr[5] vor dieß weib[6] hatt, ist etwaß unerhörts; gantz Paris sagt, daß, sobaldt der frieden würde gemacht sein, soll der heüraht declarirt werden undt die dame ihren rang nehmen, bin derowegen auch noch fro, die erste nicht zu sein, denn auffs wenigst werde ich doch waß rechts folgen undt nicht obligirt sein, der dame das hembt undt die hendtschen zu presentiren. Weillen es ja geschehen solte, wolte ich, daß es schon geschehen were, denn alßdan würde alles wider recht einen form von einem [264] hoff werden undt nicht so separirt sein, wie alles nun ist. Die zeit wirdt lehren, was drauß werden wirdt. …
Ich weiß nicht, ob die duchesse de Bourgogne glücklicher wirdt sein, alß mad. la dauphine, mad. la grandduchesse undt ich, denn wie wir ahnkamen, waren wir alle nach einander merveilleux; man wurde unßer aber baldt müde; wir hatten aber den vortheil nicht, daß die, so ahm besten dran sein, sorg vor unß nehmen müsten, wie dieße kleine printzes; das mag woll machen, daß ihre faveur lenger wehren wirdt, alß die unßerige gewehret hatt. Politischer alß die kleine princes ist, kan man unmöglich sein; ihr herr vatter soll sie so ertzogen haben, von ihrer fraw mutter hatt sie es nicht, die hatt ein beßer undt auffrichtiger gemühte. Schön ist la princesse gar nicht, ich finde sie aber nicht so abscheülich, alß die andern sie finden; verstandt hatt sie, das ist gewiß undt das sicht man ihr woll ahn den augen ahn. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. November 1696 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 263–264
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0262.html
Änderungsstand:
Tintenfass