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Brief vom 13. Dezember 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


266.


[267]
Marly den 13. December 1696.
Wir seindt seyder gestern abendts hir; ehe ich aber ahnkommen, habe ich den englischen Königlichen personnen zu St. Germain eine vissitte geben, habe sie alle in perfecter gesundtheit gefunden, aber, unter unß gerett, den gutten König Jacob einfältiger alß nie, die Königin hergegen gantz contrari undt die königliche kinder die artigsten so man sehen mag. Ich habe dem printzen von Walis einen großen gefahlen gethan, denn wie ich von ihm ginge, solte er eben studiren gehen, undt ich habe ihn vor den abendt spieltag außgebetten, solte also ahnstatt studiren contredanse tantzen. Er hatt ein dick wüllen surtout ahn, denn er hatte den gantzen tag eichhorner geschoßen im walt, aber in dem schlechten kleydt sahe er gantz königlich auß, hatt rechte gutte undt hohe minen, ist in dießem fall gantz undt gar nicht wie sein herr vatter … Wie ich ahnfangs in E. L. gnädigen schreiben geleßen, daß E. L. sagen, daß man so viel vom freüllen Königsmarck gesagt hatt, so nicht all wahr geweßen, meinte ich, man hette sie unschuldig ahngeklagt, daß sie schwanger seye, aber nicht, daß der unterschiedt nur ist, daß sie einen sohn undt keine dochter bekommen, undt zu Gosler undt nicht zu Dresden[1]. Ich meinte nicht, daß bir gesundt vor eine kintbetterin were[2]. Diß freüllen muß ein frech mensch sein, ahnstatt sich zu schämen zu sagen, daß sie ihre wettung gewunnen hette. Es ist einmahl zeit, daß der Churfürst von Saxsen nach Dresden kompt. Man hatt so lang gesagt, er bekomme keine kinder, [268] hatt also auff einmahl zwey söhne daher gesetzt[3], ce n’est pas y aller de main morte[4], wie man hir zu lande sagt. Wie man sicht, so ist der Churfürst von Saxsen nicht umbsonst vergangen jahr bey freüllen Königsmarck abgestigen; es muß aber I. L. gemahlin doch übel gefallen haben. …
Seyderdem man die pfaffen so schrecklich gegen die commedien ruffen macht, findt man weniger gutte commedianten, alß vor dießem, denn die arme teüffel meinen alle augenblick, man wirdt sie wegjagen, apliciren sich also nicht ahn ihr handtwerck, außer die so ins Königs troupe; ich weiß keinen eintzigen gutten commedianten, so ich E. L. recomandiren [kan]. So lang die Maintenon nicht müde von la princesse[5] werden wirdt, wirdt sie ohne zweyffel in gnaden bleiben, wirdt sie ihrer aber müde, wie es leicht geschehen kan, gnade ihr Gott! Meine meritten waren leicht zu zehlen; allein die ich damahlen hatte, habe ich noch; die großhertzogin undt ich lachen offt über unßere geweßene faveur; ich wirff ihr vor, daß die ihre nur einmahl geweßen, die meine aber dreymahl undt biß auff dieser letzten damen[6] regirung gewehrt hette, undt könten wir in dem fall jetzt singen wie das alte teütsche liedt, so ahnfengt:
Ich ritt einmahl auß Braunsweig auß[7].
Der schnee lag auff dem dache,
Sommerboten edelmanblumelein schon,
Meins unglücks muß ich lachen
.
Dießes liedt schickt sich nicht in einen von den lettre peignée, wie ich glaube …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Dezember 1696 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 267–268
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0266.html
Änderungsstand:
Tintenfass