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St. Clou den 9. Juni 1697.
… Es ist mir leydt, daß man den Zaar
[1] nicht zu I. L. die
Churfürstin von Brandenburg geführt hatt, denn ich mögte wißen, wie er sich
bey den damen stellt. Vor die zwey relationen sage ich demütigen danck,
sie haben mich recht divertirt. Wenn ich von dem printz von Circassie
leße, deücht es mir ein roman zu sein. Weillen dieße Mouscowitter sich so
erbar halten undt zu leben wißen, das persuadirt mich, daß kein betrug
darhinder ist undt daß es der Zaar selber ist. Es ist doch woll ein wunderlicher
einfall von dießem Zaar, sein reich zu verlaßen, umb zu reißen undt in der
welt herumbzuschwärmen; thete es ein teütscher Keyßer oder frantzöscher
König, würde man meinen, daß ihn die romans zum narren gemacht haben;
aber in der moscovische sprach seindt, wie ich glaube, wenig romans. Ich
wolte, daß dem Zaar lust ahnkäme, auch Franckreich zu sehen, denn ich mögte
ihn gerne mitt seinem printzen von Circassie sehen … E. L. haben woll
groß recht, über die docktoren ungedultig zu sein; es wundert ebenso woll,
daß oncle ihrer nicht eher müde geworden ist. Gott der allmächtige wolle
des von Norts tropffen segnen
[2]! E. L. sage ich demütigen danck vor die
letzt überschickte zeittung vom Zaar. E. L. können nicht glauben, wie sehr
mich dieße relationen genutzt haben, denn ich muß jetzt gar viell leütte alle
tag sehen, undt wenn ich ihnen nichts mehr zu sagen weiß, verzehle ich vom
Zaar; da hört man mir zu wie ein oracle undt gehen content von mir …
Ich wolte, daß es wahr were, was Churpfaltzs beyleüffer von mons.
Helmont gesagt hatt: daß er 300 jahr gelebt undt nachdem er vor 20 jahr
gestorben, wider lebendig seye worden
[3], denn, wenn das wäre, so würde er
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E. L. undt oncle die kunst lernen können, unsterblich zu werden. Ich
admirire die einfalt undt leichtglaubigkeit des pöpelvolcks. Es ist leicht zu
glauben, daß mons. Helmont ohne mühe alle die miracle wirdt thun können,
die der pater Daviano
[4] gethan hatt …