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Brief vom 9. Juni 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


293.


[290]
St. Clou den 9. Juni 1697.
… Es ist mir leydt, daß man den Zaar[1] nicht zu I. L. die Churfürstin von Brandenburg geführt hatt, denn ich mögte wißen, wie er sich bey den damen stellt. Vor die zwey relationen sage ich demütigen danck, sie haben mich recht divertirt. Wenn ich von dem printz von Circassie leße, deücht es mir ein roman zu sein. Weillen dieße Mouscowitter sich so erbar halten undt zu leben wißen, das persuadirt mich, daß kein betrug darhinder ist undt daß es der Zaar selber ist. Es ist doch woll ein wunderlicher einfall von dießem Zaar, sein reich zu verlaßen, umb zu reißen undt in der welt herumbzuschwärmen; thete es ein teütscher Keyßer oder frantzöscher König, würde man meinen, daß ihn die romans zum narren gemacht haben; aber in der moscovische sprach seindt, wie ich glaube, wenig romans. Ich wolte, daß dem Zaar lust ahnkäme, auch Franckreich zu sehen, denn ich mögte ihn gerne mitt seinem printzen von Circassie sehen … E. L. haben woll groß recht, über die docktoren ungedultig zu sein; es wundert ebenso woll, daß oncle ihrer nicht eher müde geworden ist. Gott der allmächtige wolle des von Norts tropffen segnen[2]! E. L. sage ich demütigen danck vor die letzt überschickte zeittung vom Zaar. E. L. können nicht glauben, wie sehr mich dieße relationen genutzt haben, denn ich muß jetzt gar viell leütte alle tag sehen, undt wenn ich ihnen nichts mehr zu sagen weiß, verzehle ich vom Zaar; da hört man mir zu wie ein oracle undt gehen content von mir … Ich wolte, daß es wahr were, was Churpfaltzs beyleüffer von mons. Helmont gesagt hatt: daß er 300 jahr gelebt undt nachdem er vor 20 jahr gestorben, wider lebendig seye worden[3], denn, wenn das wäre, so würde er [291] E. L. undt oncle die kunst lernen können, unsterblich zu werden. Ich admirire die einfalt undt leichtglaubigkeit des pöpelvolcks. Es ist leicht zu glauben, daß mons. Helmont ohne mühe alle die miracle wirdt thun können, die der pater Daviano[4] gethan hatt …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Juni 1697 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 290–291
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0293.html
Änderungsstand:
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