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Brief vom 8. August 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


303.


[296]
St. Clou den 8. Augusti 1697.
… Gestern abendts sahe ich meinen sohn in seiner kammer sitzen mitt 3 oder 4 mussicanten umbgeben; einer spilte auff die lautte, ein ander baß de viole, ein ander auff der geigen; mein sohn selber hatte ein desus de violle[1]. Das ging mitt einem solchen eyffer zu, daß ich ein virtelstundt zuhörte, ohne daß mein sohn sahe, daß ich in der thür war. Das hatt mich [297] ahn I. L. die Churfürstin von Brandenburg[2] gedencken machen, bilde mir ein, es gehe ebenso her. Die wörter von der pastorale werden ohne zweyffel auff ittallienisch sein, weillen der ittallienische graff Palmieri[3] sie macht. Ob I. L. die Churfürstin ihren herrn zwar gar lieb hatt, so glaube ich doch, daß ihre ungedult nicht groß ist, daß I. L. wider auß Preussen kommen. Weillen dießer Churfürst mediator von den Poln ist, glaube ich nicht, daß der printz de Conti König bleiben wirdt, undt weillen des printz de Conti parthie drin consentirt, daß dießer Churfürst mediator, deücht es mir ein pretexte honneste zu sein, von ihrer pretention abzustehen undt sich auff die ander seydt zu wenden. Hir hofft man noch immer vor den printz de Conti undt man flatirt sich, daß sein parthie sich täglich verstärcken solle; wenn aber der Churfürst von Saxsen einmahl gekrönt wirdt sein, wirdt das spil vor I. L. den printz de Conti woll ein endt haben. La Neuville[4] hatte mir auch gesagt, daß nichts schmutzigers in der welt seye, alß die Poln, verzehlte, daß er gesehen hette, daß einer einen schmutzigen teller gehabt hette, voller fett, undt ahnstatt solches mitt waßer abzuwaschen undt mitt servietten zu trucknen, hette er nur einen schwantz von einem großen windtspiel, so eben vorbeyging, genohmen undt den teller damitt abgerieben undt ihn hernach so wider pressentirt ahn taffel; das kompt doch wild herauß. … Ob zwar Paris, die armée undt viel leütte von hoff sagen, daß König Wilhelm ahn mein tochter gedacht hatt, so kan ich es doch gar nicht glauben: so glücklich bin ich nicht, daß diß ahngehen könte, undt wenn es schon geschehe, so würde doch fraw zot[5] es nicht machen. Von dießer habe ich mein leben nichts alß alles bößes entpfangen undt sehe sie gar in keiner disposition, nichts zu thun, so mir oder den meinigen ahngenehm sein könte. Ich kan nicht glauben, daß König Wilhelm wider lust zu heürahten hatt, undt were das auch schon wahr, glaube nicht, daß das parlement leyden würde, daß er eine catholische undt Frantzoßin nehme: flatire mich also deßen gantz undt gar nicht. Ich habe woll gedacht, daß man keine difficultet würde machen, König Wilhelm vor König zu declariren; er führt den nahmen mitt recht undt es ist schon lang, daß schir alle leütte hir le roy Guilliaume sagen. …
Ich erinere mich der Lamotte, so bey E. L. war undt schwester von der, so bey mein fraw mutter s[eelig], gar woll; mich deücht, es hatt mir jemandes einmahl gesagt, daß E. L. Churprintz eine Choulenbourgin[6] nicht haßte, undt sehr bey ihm in gnaden seye; ich weiß nicht, ob es dieße ist. … [298]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. August 1697 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 296–298
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0303.html
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