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Marly den 22. Augusti 1697.
… Es wirdt doch den gutten ehrlichen Teütschen, so bey Chursaxsen
sein, schmertzen, daß die Poln sie verhindern, ihren König zu sehen. Die
mode von stehlen wirdt jetzt auch hir so woll alß in Poln sehr in brauch,
denn vor 3 tagen hatt man alle des Königs kutzschen dermaßen bestohlen,
alle goltne frangen abgeschnitten undt den sammet selber so zerschneidt, daß
der König selbigen tag nicht außfahren konte; 4 apartementer im schloß zu
Versaille seindt recht geplündert worden. Es ist kein wunder, daß es jetzt
tewer leben in Poln ist wegen der abscheüliche menge leütte, so sich
beysammen befinden; die, so den taffeln nachlauffen, seindt wie die hungrige
mucken … Wo hatt unßer gutter landtsman Coppestein
[1] so braff sauffen
gelernet, denn ahn I. G. des Churfürsten meines herr vatters s[eelig] hoff
trunck man gar nicht; er hatt aber, wie ich sehe, sein marschalckampt braff
eingeweyhet. Wenn wahr ist was la Neuville von den Moscowittern
erzehlt, so solte mir ein starcker argwohn auff das zwergelgen fallen, so der
Czaar alß bey sich schlaffen lest. Die polnische edelleütt müßen wenig
ambition haben, valet de pied zu werden. Es muß denen leütten frembt undt
magnifique vorkommen, wie man in Teütschlandt speist, weillen sie gewont
sein, alle auß einem keßel zu freßen: das ist wie die hunde, wenn sie curée
halten. Die weiber in dem landt müßen keine leibstück tragen, weillen dieße
leütte nicht wißen, was fischbein ist
[2]. Es ist doch noch etwaß, daß ein jeder
sein löffel undt meßer hatt. … Monsieur spilt hir ebenso glücklich, alß seine
hochlöbliche gewohnheit ist, hatt in drey tagen schon 1300 pistollen verspilt,
geht heütte nach Paris, gelt zu hollen; es wirdt woll etliche von den schönen
demanten kosten. …
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