Seitenbanner

Brief vom 25. September 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


312.


[306]
Fontainebleau den 25. Septemb. 1697.
In dießem augenblick kompt Monsieur undt sagt, daß die Türcken eine abscheüliche schlagt in Ungern verlohren haben[1] undt daß die christen all ihr gestück undt bagage erobert; hoffe also, daß dieße nun auch den frieden machen werden undt hertzog Christian ob Gott will keine gefahr mehr außstehen, undt wirdt man überal singen können: all fehdt hatt nun ein ende[2], denn der generalfrieden ist ja nun unterschrieben[3]. Ich glaube, daß es aber in Poln ein abscheülicher krieg geben wirdt; welcher mühe der Churfürst von Saxsen sich woll hette ersparen können. Man gestehet nun hir, daß man auff dießen Churfürsten gelogen hatt, umb den printz de Conti die sach leichter zu machen, damitt er fortziehen möge, denn er hatte keine lust zum wegziehen. Wenn es wahr ist, wie man hir sagt, daß die gantze polnische armée vor dießen printzen ist, sehe ich nicht woll, wie der Churfürst von Saxsen wirdt bestehen können. Mich deücht, dießer Churfürst hette nichts ersparen sollen, den cardinal primat auff seine seyte zu bekommen, denn daß er ihn nicht hatt, mögte ihn woll umb die cron bringen. Ich fürchte, es wirdt dießen Churfürsten gerewen, so viel mühe genohmen zu [307] haben, König zu werden, denn die Poln seindt falsche teüffels undt haben jetzt sein gelt weg undt kein anders von ihm zu hoffen, undt weillen sie wißen, daß der König hir den printz de Conti sein gelt wirdt manglen laßen, ist zu fürchten, daß sie den Churfürst alle nach undt nach verlaßen werden … Alle tag tregt man hir weniger haar; ich habe den kopff zu kurtz hinten, umb eine gantze coeffure[4] ohne meine eygen haar tragen zu können, die mütz würde mir alle augenblick abfallen, trage also mein eygen haar, ob ich schon ahnfange, zimblich graw zu werden. Meine coeffure ist schir alle tag scheff, denn wie E. L. woll wißen, so kan Lisselotte nicht laßen überall herumb zu sehen, das threhet mir dan gantz die coeffure … Warumb will der Czaar nicht haben, daß man frieden machen solle? Le protecteur de la France soll es so gemacht haben, daß Strasburg endtlich dem Könige hir bleiben wirdt … Wenn man in Österreich nur lust zu meiner dirn hette undt sie vom großen mann forderte[5], dörffte er sie schanden halber nicht abschlagen, so sehr auch die sach ihm undt seinem alten schätzgen[6] zuwider were. Solte es mein dochter nicht gelten, wünsche ich vor die, so E. L. wünschen[7]. Es ist nur gar zu wahr, daß alles predestinirt ist undt nichts geschicht, alß was vorher verordent ist.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. September 1697 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 306–307
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0312.html
Änderungsstand:
Tintenfass