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Paris den 20. Februari 1698.
… Wie sehr mich Dero unglück undt verlust
[1] erschreckt undt
betrübet, kan ich E. L. nicht außsprechen; E. L. wißen aber woll, wie sehr ich
oncle s[eelig] geehret, respectiret undt geliebet habe, können also ahn meinem
schmertzen undt betrübtnuß nicht zweyfflen, undt wenn ich auch gleich oncle
nicht so hertzlich geliebet hette, alß ich gethan, würde mich doch E. L.
abscheülich betrübtnuß zu hertzen gehen undt betrüben, denn es kan mein
hertzlieb ma tante nichts begegenen, so ich nicht entpfinde alß wenns mir selber
geschehen, undt wenn E. L. meine leibliche fraw mutter weren, könte ich sie
nicht mehr respectiren undt von grundt der seelen lieben, alß ich thue undt
thun werde, biß es mitt mir ahn dem sein wirdt, wo es leyder jetzt mitt
oncle ist … Der hertzog von Zelle
[2] jammert mich von hertzen, just
gekommen zu sein, umb lieben herrn brudern sterben zu sehen. Ich höre recht
gern, daß E. L. herrn söhne ihre schuldigkeit so woll bey E. L. thun, wie
auch patte. Von dießem undt hertzog Ernst August
[3] nimbt es mich nicht
wunder, dero guttes gemüht ist mir bekandt, allein ich gestehe, dem itzigen
Churfürsten
[4] hette ichs nicht so woll zugetrawet, bin fro, daß ich mich hirin
betrogen habe … Ich weiß freylich woll, waß ein gar ellendt leben E. L.
seyder anderthalb jahr geführt haben; Gott gebe, daß es E. L. nicht ahn
Dero gesundtheit möge geschadet haben, allein ein ewigen ruhm haben E. L.
damitt erworben.