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Brief vom 7. August 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


350.


[340]
Marly den 7. Augusti 1698.
… Man gestehet hir nicht, daß mons. de Cambray[1] seine bücher zu Rom aprobirt worden sein, denn man examinirt sie noch. Mons. de Nevers[2] hatt sich hir vor mons. de Cambray declarirt, wie E. L. auß hir beyliegende [341] vers ersehen werden, so er selber gemacht. Ich muß aber meine ignorance gestehen, ich verstehe die helfft nicht von dießen versen, sehe woll, daß le mistique meine sach gar nicht ist; mad. de Maintenon verstehet le mistique beßer, alles ist misterieux bey sie. Ich muß gestehen, daß mich nichts mehr gewundert hatt, alß wie ich gesehen, daß dieße dame ihren so gar gutten freündt, den archevesque de Cambray abandonnirt hatt, denn sie aßen undt truncken offt mitt einander undt war kein parthie de plaisir von dießer damen, da dießer ertzbischoff nicht mitt bey war, keine musiq, keine assemblée d’amis, er war bey alles, undt jetzt verfolgt sie ihn in den grundt. Deßwegen jammert er mich von hertzen, denn es muß den gutten ehrlichen mann sehr schmertzen, sich so verlaßen undt verfolgt zu sehen von denen, da er sein eintzig vertrawen auff gesetzt hatte. Mons. de Cambray undt mad. Guion können die thorheitten nicht läugnen, so in mons. de Meaux[3] sein buch stehen, denn er hatt zeügen dazu undt nichts in sein buch gesetzt, so er nicht beweißen kan … Ich bin woll E. L. meinung, daß ein jeder in seinem sinn son petit religion à part soy hatt, wie mons. Filding[4]. Ich glaub, daß es sinceritet von den reformirten ist, sich nicht stehlen[5] zu wollen, zu glauben was sie nicht glauben können, undt daß, wenn es nur umb die predigt undt psalmen zu thun were, würden sie sich nicht weg jagen laßen. Die psalmen seindt doch warlich nicht so unahngenehm zu hören, alß die voyellen von einer großen meß, welche einen offt recht ungedultig machen, nichts zu hören alß ein geplerr von aaaa eeee iiii oooo; wenn ich dörffte, lieff ich offt gern auß der kirch deßwegen, denn ich stehe es mitt rechter mühe auß. Dr. Luther weiß ichs recht danck, hübsche lieder gemacht zu haben; ich glaube, daß dieß viellen lust geben hatt, lutherisch zu werden, denn das hatt etwaß lustigs, aber die mistiquen mitt ihrer contemplation were meine sache gar nicht. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. August 1698 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 340–341
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0350.html
Änderungsstand:
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