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Brief vom 2. April 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


377.


[363]
Versaille den 2. Aprill 1699.
… Weillen die Engellander ja nur einen König haben wollen, der nur den nahmen von König haben soll, warumb haben sie den König Jacob nicht behalten, der were beßer dazu, alß König Wilhelm. Es ist doch eine wunderliche sache mitt den Engländern, daß sie so lust nehmen, ihre Könige zu quellen[1], einen, indem sie ihn nicht mehr haben wollen, undt den andern, indem sie ihn so übel behalten wollen. Ich wolte lieber statthalter im Haag sein, alß König ohne souverainetet. Weillen König Wilhelm mitt seinem überauß großen verstandt die Engellander nicht zurecht bringen kan, glaube ich nicht, daß es jemandes in der welt wirdt thun können. Ich kene den Chorsiel[2] woll, er ist lang hir envoyé geweßen von König Jacob. Hir passirt Chorsiel vor ein kerl, so gar sot ist undt gar kein verstandt hatt …
Ich muß E. L. eine abscheüliche undt dolle historie verzehlen, so dießer tagen unweit Paris geschehen ist. Etliche kerls hatten sich in einem wirtshauß vollgesoffen. Wie sie voll waren, schickten sie zum curé undt ließen ihm sagen, ein krancke person wolte le viatique nehmen, er solte das h. sacrement bringen. Der curé kame, fandt die feine bursch ahn taffel; er fragte, wo denn die krancke person were? Sie sagten, er lege dort im bett. Wie der curé dazu kame, fundt er, daß eine sau im bett lag. Sie sagten ihm, er solle die saw comuniciren. Der curé, wie billig, sperte sich darwider; er forderte ein viertel stundt zeit, sich zu bedencken. Man ließ ihn allein. Wie die viertelstundt umb war, sagt der curé, er were nun zum todt bereydt undt wolle hundert mahl lieber sterben, alß eine solche abscheüliche thadt zu begehen. Damitt zogen sie die degen undt ermordten den armen curé mitt zwey stichen. Der wirt aber hatt hülff gesucht undt alle die schelmen fangen laßen. Man wirdt ohne zweyffel ein starck exempel durch sie geben … Die gräffin Platten wirdt woll thun, den sauerbrunnen zu brauchen. Der unterschiedt ist groß, auff sein eygenen kosten zu reißen oder auff eins großen herrns beüttel[3]. Umb dießer gräffin constance zu wißen, müste man erst erfahren, ob sie die enderung von ihrem eygenen standt oder den verlust vom Churfürsten beweint. … [364]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. April 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 363–364
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0377.html
Änderungsstand:
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