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Brief vom 31. Mai 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


380.


[367]
St. Clou den 31. May 1699.
… Die Frantzößinen sparen nicht allein leicht die warheit, sondern sie haben die kunst, braff zu inventiren. Es ist gar gewiß eine boßheit hinter dem stück von dem mann, so die Sorbonne consultirt hatt, denn die schon geheüraht ist, hatt die fragen nicht gethan, aber man thut alß wenns jemandes gefragt hette, umb zu erfahren, ob der heüraht seye oder nicht, undt die frage ist ein crime jetziger zeit, hatte also woll zu fürchten, daß man mir diß paquet eben so leicht alß ahn jemandes anderst geben möge, frage aber gar nichts darnach undt dencke wie das teütsche sprichwort sagt: Hütte dich vor der that, der lügen ist woll raht[1]. Ich machte meine brieffe immer von hertzen gerne lang, wenn ich nur etwaß finden könte, so E. L. divertiren mögte. … Ich habe alle 4 Königsmarcken gekendt, nehmblich die zwey brüder, so offt zu Heydelberg waren, undt die zwey söhne vom elsten habe ich hir gesehen. Der von der printzes von Allen[2] war aber noch ein kindt, glaube nicht, daß er 15 jahr alt war, wie er hir war, war hübsch von gesicht undt gliche seinem bruder gar nicht. Wenn die Königsmarckin dießem ihrem jüngsten bruder gleicht, kan sie woll schön sein, denn seine trais waren schön … Die hertzogin von Zelle[3] muß eine bigotte dame sein; wie man mir sie beschreibt, gefiel sie mir gar nicht. Wie kan dieße hertzogin reformirt bleiben undt die transubstantion glauben? Daß sie immer [368] ahm todt gedencken will, ist ein zeichen, daß das miltz greülich bey sie rumordt; E. L. meinung hirauff ist viel raisonabeler.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 31. Mai 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 367–368
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0380.html
Änderungsstand:
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