Seitenbanner

Brief vom 20. Mai 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


413.


[402]
St. Clou den 20. May 1700.
… Der König hatte vor dießem einen dockter, der hieße mons. Gueneaut[1]; man fragte ihn, wie es komme, daß des Königs kinder so schwach weren undt stürben? so sagte er: ce[2] que le roy n’aporte à la reine que la reinceure[3] des verres et le meilleur du vin va aux maistresses[4]; so hatt es vielleicht mons. Klenck auch gemacht undt daß seine kinder deswegen so ellendt seien. … E. L. verwundern sich, daß der König die louangen nicht müde wirdt, allein man wirdt selten müht was man sehr von jugendt auff gewohnt ist, zudem so glaube ich, daß der König meint, daß dieße lob ihm nöhtig sein, umb ihn bey seinen unterthanen, so ihn nur von hören sagen kennen, beliebt zu machen undt vor waß besonders passiren zu machen; in der that: loben thut viel darzu … Ich muß E. L. etwaß schönes verzehlen, so mein sohn unß ahn taffel verzehlt hatt, nehmblich etwaß, so sie in Flandern gefunden haben ahn einem kirchenfenster, wo das opfer gemahlt war vom Isaac. Dießer war auff einen altar gebunden; Abraham hatte eine lange musquet ahm backen, seinen sohn zu erschießen. Gott der vatter war in den wolken gemahlt, der gab ein zeichen ahn ein klein engelchen, welches Abraham auff dem kopff saß. Das engelgen piste Abraham auff die mousquettenpfann, daß das ror nicht loß gehen konte. So wurde Isaac salvirt. So habens E. L. vielleicht noch nie gemahlt gesehen … Es ist schadt, daß das schöne theatre zu Hernhaussen nicht gebraucht wirdt; I. L. herrn söhne müßen die commedien nicht lieben. Warumb halten E. L. vor einen schlegten discours, von Dero garten zu reden, das seindt sachen, so ich verstehe; solten E. L. mir von staatssachen, politic oder philosophie oder theologie sprechen, würde ich es nicht begreiffen[5][403]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. Mai 1700 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 402–403
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0413.html
Änderungsstand:
Tintenfass