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Brief vom 24. Juni 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


416.


[404]
Marly den 24. Juni 1700.
… Vor die verse von mons. Leibnitz undt sigr. Ortence[1] sage ich gehorsamen danck. Mich deücht, sigrs. Ortence seindt beßer frantzösch, alß ordinari; mons. Leibnitz seine teütsche vers findt ich schön, die frantzösche aber haben den hießigen tour nicht so recht, wie seine prose hatt, die kan nicht beßer sein, die vers aber, deücht mir, sente[2] l’estranger, wie man hir sagt … Von dem jetzigen premier president[3] werde ich nichts übels mein leben sagen, denn ich bin sehr content von ihm, hatt seyder wenig tagen 2 proces gewinnen machen, vor welche ich mich sehr interessire: der erste war unßer hertzog von Lotheringen gegen mons. de Luxembourg, der ander war unßer duc de Schonberg[4] gegen seinen bruder graff Friderich. Dießer hatt mich auch desto mehr gefrewet, indem baron Willich, so graff Friderichs schwager ist, meinen raht nicht hatt folgen wollen. Dießer baron ist ein rechter chicanier. Duc de Schonberg hatt seiner geschwey[5] Louisse[6] vollmacht geben, sich mitt seinem bruder zu vergleichen; baron Wilich thut die proposition, Louisse geht alles ein; wie es zeit war, zu schließen undt zu unterschreiben, geht der baron davon, kompt her nach Paris undt fengt einen ordentlichen proces ahn. Er kam zu mir, ich sagte zu ihm: warumb wolt ihr die zwey brüder nicht lieber vergleichen durch arbitter, alß processen ahnzufangen, so euch allen nur viel gelt kosten werden, undt könt kein vortheil dabey haben; glaubt mir, nehmbt arbitter undt last die sach examiniren; aber wo ihr meinem raht nicht folgt, so müst ihr auch nicht übel nehmen, [405] daß ich bey dem König, bey dem ersten presidenten undt allen richtern vor den duc de Schonberg solicittiren werde, denn seine kinder seindt mir zu nahe, umb mich nicht vor sie zu interessiren; ich werde auch Monsieur bitten, zu sollicittiren; bedenckt die sach recht. Baron Willig hatt mir gar nicht glauben wollen, den proces folführt; ich habe ihm auch gehalten was ich ihm versprochen, habe starck gegen ihn solicitirt, Monsieur auch. Ich habe auch dem König ein placet vor den duc de Schonberg eingeben; dießes alles undt das gutte recht hatt so woll operirt, daß baron Willich den proces absolute verlohren hatt vergangen Montag. Ich habe es gleich ahn Louisse geschrieben, welche woll recht fro drüber sein wirdt, denn sie war mitt recht piquirt gegen baron Willich; aber nun ist sie vangirt. … Der elste printz von Zweybrücken[7] ist durch Franckford [kommen], hatt sich sehr bey den raugräffinen informirt, ob es wahr, daß seine schwester[8] von religion geendert hatt. Ich habe gestern ein brieff von ma tante von Maubuisson bekommen; I. L. sagen, daß die printzes von Zweybrücken[9] nun beschäfftig ist, ihre leütte, insonderheit mons. Gersdorf[10] zu persuadiren, von religion zu endern. Es were eine possirliche sache, wenn Gersdorf I. L. wider mitt dem disputiren lutherisch machte … Ma tante die fraw abtißin wirdt E. L. ohne zweyffel bericht haben, wie daß der König undt die Königin von Engellandt betten, damitt E. L. catholisch mögen werden undt herkommen; erhalten sie diß von unßerm Herrgott, werde ich sie vor gar große heyllige halten. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. Juni 1700 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 404–405
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0416.html
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