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Fontainebleau den 10. November 1700.
… Heütte werde ich E. L. eine große zeittung berichten, so gestern
morgendts ahnkommen, aber man hatt es all lengst vorgesehen, nehmblich
des Königs in Spanien todt
[1]. Die Königin
[2] soll kranck vor betrübtnuß
sein; der König ist den 1. dießes monts umb 3 uhr nachmittags gestorben.
Man hatt unßerm König die copie vom testament geschickt; der duc
d’Anjou
[3] ist zum erben erwehlt, undt es soll gleich ein grand d’Espagne die
post genohmen haben mitt dem testament im original, umbs dem duc
d’Anjou zu bringen undt ihn zum König zu fordern, undt im fall der König
den duc d’Anjou abschlegt, hatt selbiger grand d’Espagne ordre, gleich nach
Wien zu gehen, die cron Spanien dem Keyßer zu offriren
[4]; glaube also,
daß man hir ein wenig embarassirt ist mitt dem tractat, so man mitt
Hollandt undt Engellandt gemacht hatt. Versagt man die cron, thut man dem
duc d’Anjou einen schlechten possen. Man hatt mir versichert, daß der
König die Pantecratte
[5] offendtlich gestern mitt in den raht genohmen, welches
den courtisans ein wenig frembt vorkommen ist; man wirdt baldt sehen, wo
alles ’nauß wirdt, sobaldt ich es erfahren werde, will ichs E. L. berichten.
Die Pantecratte ist höfflich, wenn sie will; es ist wahr, daß sie kein grand
air hatt, undt wo solte sie es auch hehrgenohmen haben. Die moscowitische
gesandten solten E. L. in ihr hauß in ihre kleyder entpfangen haben. Es
ist kein wunder, daß der Czaar plumper undt gröber ist alß seine bedinten,
weillen die Czaaren so absolute in ihrem land sein, will ihnen niemandt
nichts sagen undt man lest sie wacksen undt thun alles was ihnen beliebt
undt in kopff kompt, können also nicht zu leben wißen … Die Engelländer
seindt abscheüliche leütte, gegen den armen printz de Galle zu schreiben, da
sie doch selber woll wißen, daß er der rechte ist. E. L. seindt zu genereux,
einer solchen sach auß interesse beyzufallen, aber es seindt wenige, so so
genereux alß E. L. sein würden …