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Versaille den 24. Julli 1701.
… Ich glaube, daß alle die, so warhafftig in des hauß
Braunsweigs undt Luneburgs interesse sein, wünschen sollen, daß die beyden
lignien wider mögten mitt einander verglichen sein; ich weiß dem graff
Rabach danck, sein best dabey gethan zu haben
[1]. Ich wünsche von hertzen,
daß patte noch lange jahre leben möge; ich glaube, daß hertzog Anthon
Ulrich nicht viel junger ist, alß I. L. Man hatt mir all lengst gesagt, daß
hertzog Max catholisch geworden seye
[2] undt sich gantz von seinem
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beichtsvatter
[3] gouverniren laße, ich habe es aber nicht geglaubt, weillen E. L.
nichts davon geschrieben hatten. Weillen er ja von religion hatt endern
wollen, hette er doch die sach dem Keyßer zu gefallen thun sollen, umb eine
gutte pension mitt zu bekommen. Daß der Churfürst seine herrn brüder zu
Wien nicht fürcht, das geht woll hin, aber es ist ihm nicht erlaubt,
dießelben zu haßen oder gar nicht zu lieben. E. L. hette ich nie zugetrawet,
betrübt zu sein, daß eines von Dero kindern von religion endert, denn E. L.
haben mich ja selber catholisch gemacht… Ich bin mons. Leibnitz recht
obligirt, sich so vor mich undt meinen sohn zu interessiren; wenn man so
natürlich spricht wie er, kan man die sach desto eher glauben, undt finde,
daß es viel ist, daß herr Leibnitz mich undt meinen sohn in seinem
gedächtnuß gleich nach I. M. der Königin in Preussen undt E. L. selbst setzt, die
er kent undt gnade von entpfängt, da ich undt mein sohn doch gar nicht
von ihm gekandt sein… Das vergangene könte ich leicht vergeßen, wenn
ich nur versichert sein könte, daß das zukünfftige beßer sein würde, aber, wie
das holländische sprichwort sagt: lifften ist lifften, maer kaken gaht vor all.
Also wenn man in meinem standt arm ist, ist es ein ellendt sach undt gibt
betrübte tage. Ich liebe gern ohne interesse, wolte also, daß ich nicht von
gnaden leben dörffte. …