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Brief vom 4. September 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


466.


[013]
Versaille den 4. Augusti[1] 1701.
Gestern abendts alß ich wider von Meudon kame, wurde ich mitt E. L. wehrtes schreiben vom 26. Augusti erfrewet. Es ist woll schadt, daß E. L. die schönne tage verliehren, aber weillen der abgesante mylord Mackelsfield[2] so herumb spatzirt, so könten E. L. ja in der zeit auch woll wider ein tour nach Herrnhaußen gethan haben, weillen es ja so nahe bey Hannover ist. Der hero darmes[3] wirdt sein eygen glück verderben durch seine langsame reiße. Ich habe von hertzen lachen müßen, daß E. L. sich ein wenig verschrieben haben undt sagen von der jagt, die patte hatt ahnstellen laßen vor den mylord Mackelsfield: daß wilde schwein, hirsch, wolf, rehe undt ahnstatt fuxen sagen E. L. met verlöff futzen in den düchern geweßen weren. Ich dachte in meinem sinn: das were eine rechte jagt vor meinen sohn, denn solch wiltbret fengt er offt in den düchern. Ich weiß es den Engländern danck, solche affection vor E. L. zu haben. Es ist recht genereux von E. L., daß sie den Engländern declarirt, daß sie König Jacob immer lieben werden. Dießer gutte König wirdt sich durch seine unermeßene gottsforcht noch umbs leben bringen; vorgestern hatt er noch solang gekniet undt gebett, daß I. M. blatt ohnmächtig davon geworden sein undt eine gutte zeit so von sich selber, daß man meinte, er würde sterben. Es ist wahr, daß I. G. meines herrn vattern s[eelig] cantzeler undt secretarius woll [014] ahnkommen sein; welcher es aber ahm wenigsten meritirt, ist der Seiller[4], denn der ist ein rechter schelm undt hatt sein glück nur mitt verrähterey gewohnen. Er sontenirt aber seine schelmerey übel, denn wie er vor etlichen jahren hir war undt mich ungefehr zu Fontainebleau bey dem canal begegenet, erschrack er so erschrecklich, daß er bleich wie der todt wurdt undt batt, man solte ihn geschwindt wegführen, denn er war in einer kutzsch. Hiobs historie rechnet man doch nicht unter die apocriph bücher, meinte also, daß die geistlichen es vor keine commedie halten. Die warheit aber zu bekenen, so ist das dialogue zwischen unßerm Herrngott undt dem teüffel ein wenig sujet à caution[5], wie man hir sagt. Hiob, sicht man woll, daß es vor die devotion gemacht ist. Es mag ihm sein wie ihm wolle, aber das hohe liedt Salomonis kan ich nicht begreiffen, wie man ein augenblick hatt gedencken können, daß es vor die gottsforcht gemacht ist, insonderheit weillen es von einem König kompt, so die weiber so lieb gehabt hatt. Man hett dat vatt[6] woll thon dhun können, umb wie Hamerstein[7] zu sprechen, denn auß dieß vatt seindt viel wüstereyen gefloßen…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. September 1701 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 13–14
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0466.html
Änderungsstand:
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