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Versaille den 1. Januari 1702.
Das erste wort, so ich in dießem jahr schreiben will, soll gar gewiß
nur sein, E. L. ein glückseeliges, friedt- undt freudenreiches neues jahr zu
wünschen, sambt vollkommener gesundtheit, undt in einem wordt alles was
E. L. selber wünschen undt begehren mögen. Ich habe diß jahr gar glücklich
ahngefangen, Gott weiß, wie ich es enden mag; denn sobaldt ich auß der
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kirch kommen, bin ich mitt E. L. gnädiges schreiben vom 23. Dec. erfrewet
worden, undt sobaldt ich nach dem eßen in mein cammer kommen, hatt mir
der König 2000 pistollen geschickt, bin also diß jahr 1000 pistollen reicher
alß vorm jahr. Da sehen E. L., wie woll ich mein jahr ahngefangen, bin
darneben in volkommener gesundtheit Gott sey danck, welches auch noch ein
groß glück ist. Es ist leicht zu glauben, daß es keine eloquens bedarff, umb
mad. de Montespan über ihren mann zu trösten. Man thut ihr unrecht,
zu sagen, daß sie jetzt seüfft, das hatt sie ihren fraw döchtern überlaßen, die
es braff können. Sie führt ein traweriges leben, wolte gern devot sein undt
kan nicht; reist immer von einem ort zum andern. Sie ist nun eine witwe,
aber keine glatte witwe, indem sie sowoll alß ich sehr verruntzelt ist. Es ist
woll wahr, daß die jahren, so mad. de Montespan mitt dem König
genoßen, sehr different von dieße waren. Von bößen humor ist der König
nicht undt ich admirire I. M. offt, wie sie bey allen den geschäfften, undt
offt sehr verdrießlichen geschäfften, noch so höfflich undt von gutten humor
sein können. … Man sagt, daß abendts bey mad. de Maintenon ein
erschrecklich geraß ist, denn man spilt sehr dort, die gantze jugendt von damen
ist dort, wie auch die duchesse de Bourgogne, duc de Bourgogne undt
Bery. Der printz von Anhalt
[1] muß meinen, daß, wie er sich vor die
Königin in Preussen gewießen, kriegerisch außsehe undt daß die Königin
derowegen woll von sein courage judiciren wirdt. Hatt er die apoteckers
dochter geheüraht, wirdt er woll thun, sein gantzes leben seinen heüraht
heimblich zu halten.