Seitenbanner

Brief vom 30. März 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


497.


[039]
Marly den 30. Mertz 1702.
… Ich kan nicht leyden undt höre recht ungern, daß der Churfürst von Braunsweig seine leiblichen vettern bekrigen will[1], denn mich deücht, wenn man gegen sein eygen hauß krieg führt, ist es eben alß wenn man in die lufft speyt undt daß es einem wider auff die naß felt. Man schadt sich selber, indem man andern schaden will. Nichts kan heüßer mehr erhalten, alß einig zu bleiben, fürchte also, daß der krieg I. L. selber gerewen wirdt. Ich glaube, daß patte woll hertzlich betrübt über des armen König Wilhelms todt sein wirdt. Ich habe hir in keine zeittungen des duc de Schonburg[2] heüraht gesehen. Carolines kinder jammern mich recht, denn ich zweyffle nicht, daß ihr herr vatter ihnen großen tort thun wirdt. Dießer hatt Caroline zu todt geplagt… Mich wundert, daß E. L. nichts von König Wilhelms todt melden, denn da I. M. den 19 morgendts umb 8 gestorben, haben es E. L. woll eher alß den 27 wißen können. Ich hoffte, E. L. würden mir berichten wie es zu gangen undt wie dießer großer König gestorben… Ich habe woll alß gedacht, daß ich kein groß recht zu den landern hatte, ob man mir zwar versichert, daß ich es habe, aber was bar gelt betrifft, meublen undt was man mein herr vatter schuldig ist, das, gestehe ich, habe ich gemeint, müste mir zukommen; das versagt aber der papst[3], auch [040] finde also sein urtheil sehr partheyisch. Hette man mir das recht zugesprochen, hette ich die helffte von alles bekommen. Getröst bin ich gleich geweßen undt gewinne noch den spaß dabey zu sagen, daß der papst undt seine wüsten pfaffen ungerecht sein, denn ich mag das pfaffengeschmeiß ohne das nicht leyden… Es kam gestern ein favorit von hertzog Anthon Ulrich[4] zu mir, der heist mons. Knorr, der verzehlte mir abscheüliche sachen vom hertzog von Plön undt wie verrähterisch er mitt hertzog Anthon Ulrich umbgangen, von welchem er doch alles guts entpfangen hatte. Ich finde, daß I. L. der Churfürst recht woll gethan hatt, seine ursachen drucken zu laßen, aber es ist vielleicht auch ein verrahterisch stück vom hertzog von Plön undt daß dießer vielleicht mitt unwahrheit dem Churfürsten zu Braunsweig bericht, wie daß man I. L. attaquiren wolte. Die haar stehen einem zu berg, alle die falschheitten zu hören, so dießer herr gethan hatt. Man hatt mir auch gesagt, daß der gutte hertzog Anthon Ulrich über das unglück, daß man seine leütte so überrumpelt hatt, ohnmachtig geworden ist; das jammert mich doch. Die gräffin von Warttenberg muß eine sehr impertinente fraw sein, zu pretendiren, daß man mehr wercks auß ihr, alß auß den raugräffinen machen soll. Man kan nur das sprichwort von ihr sagen: Nichts ist hoffärtiger, alß wenn ein bawer zum edelman wirdt[5]. Der König in Preussen muß doch ein wenig faiblesse vor diß weib haben, daß er sich so absolute von ihr undt ihrem mann gouverniren lest…
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. März 1702 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 39–40
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0497.html
Änderungsstand:
Tintenfass