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Versaille den 9. Aprill 1702.
… Es hatt mich gar nicht wunder genohmen, daß König Wilhelm
mitt solcher fermeté gestorben, man stirbt ordinarie, wie man gelebt hatt.
Mad
lle de Malauze
[1] schreibt mir, mylord Albemarle
[2] were seinem herrn
schir gefolgt, ist auff den todt vor betrübtnuß gelegen, das jammert mich
recht, solche freündtschafft haben wir hir bey meinem herrn nicht gesehen. …
Ich glaube, daß die princes Anne sich leicht ihres herrn schwagers undt
vettern todt getröst hatt. Ich kan nicht begreiffen, wie dieße neüe Königin
ein ruhig gewißen haben kan, da sie doch ihren herrn vattern biß ahn sein
endt verfolgt hatt; wenn sie nur nicht falsch gegen E. L. ist, denn wer gegen
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seinen eygenen vatter falsch ist, könte es woll gegen seine baße sein; Gott
gebe, daß ich mich betriege. König Wilhelms todt erweist woll das
verhengnuß undt daß man nicht stirbt, wenns die menschen wollen, sondern
nur, wenn unßere stunde kommen ist. König Wilhelm glaubte diß auch,
drumb hatt er sich nicht geförcht. … Es ist mir leydt, daß der
Wolffenbüttelsche krieg noch nicht zum endt, denn ich kan nicht leyden, daß man
gegen sein eygen hauß krieg führt, es bringt kein glück. Was mich ahn
hertzog Anthon Ulrich gefelt, ist, daß er so einen großen respect undt rechte
veneration vor E. L. hatt. Ich wünsche, daß der König in Preussen einen
gutten frieden zwischen dießen zwey heüßern schließen möge
[3]. … Weillen
die jetzige Königin in Engellandt E. L. hauß vor das ihrige helt, solte sie
E. L. eine schöne undt große pension vor Dero leben bestellen, das were
warlich billig, weillen E. L. doch die presomtif erbin sein; so dieße Königin
diß nicht thut, werde ich nicht mitt ihren complimenten zufrieden sein
[4]. E.
L. haben woll recht zu sagen, daß die, so auff dem thron sitzen undt was
vermögen, allezeit lob genung bekommen. Es seindt noch viel leütte hir, so
in Engellandt geweßen, so gar sehr versichern, daß es wahr seye, daß dieße
Königin seüfft. Were der printz von Wallis ein erwacksener mensch, so könten
sie in Engellandt die entschuldigung vorwenden, daß sie keinen catholischen
König haben wollen, allein er ist ja nur ein kindt, welchem man den glauben
geben kan, wie man will, undt es ist viel leichter, weniger alß mehr zu
glauben, derowegen hetten sie dießen printzen leicht reformirt machen können,
wenn sie gewolt hetten. …