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Brief vom 9. April 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


498.


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Versaille den 9. Aprill 1702.
… Es hatt mich gar nicht wunder genohmen, daß König Wilhelm mitt solcher fermeté gestorben, man stirbt ordinarie, wie man gelebt hatt. Madlle de Malauze[1] schreibt mir, mylord Albemarle[2] were seinem herrn schir gefolgt, ist auff den todt vor betrübtnuß gelegen, das jammert mich recht, solche freündtschafft haben wir hir bey meinem herrn nicht gesehen. … Ich glaube, daß die princes Anne sich leicht ihres herrn schwagers undt vettern todt getröst hatt. Ich kan nicht begreiffen, wie dieße neüe Königin ein ruhig gewißen haben kan, da sie doch ihren herrn vattern biß ahn sein endt verfolgt hatt; wenn sie nur nicht falsch gegen E. L. ist, denn wer gegen [041] seinen eygenen vatter falsch ist, könte es woll gegen seine baße sein; Gott gebe, daß ich mich betriege. König Wilhelms todt erweist woll das verhengnuß undt daß man nicht stirbt, wenns die menschen wollen, sondern nur, wenn unßere stunde kommen ist. König Wilhelm glaubte diß auch, drumb hatt er sich nicht geförcht. … Es ist mir leydt, daß der Wolffenbüttelsche krieg noch nicht zum endt, denn ich kan nicht leyden, daß man gegen sein eygen hauß krieg führt, es bringt kein glück. Was mich ahn hertzog Anthon Ulrich gefelt, ist, daß er so einen großen respect undt rechte veneration vor E. L. hatt. Ich wünsche, daß der König in Preussen einen gutten frieden zwischen dießen zwey heüßern schließen möge[3]. … Weillen die jetzige Königin in Engellandt E. L. hauß vor das ihrige helt, solte sie E. L. eine schöne undt große pension vor Dero leben bestellen, das were warlich billig, weillen E. L. doch die presomtif erbin sein; so dieße Königin diß nicht thut, werde ich nicht mitt ihren complimenten zufrieden sein[4]. E. L. haben woll recht zu sagen, daß die, so auff dem thron sitzen undt was vermögen, allezeit lob genung bekommen. Es seindt noch viel leütte hir, so in Engellandt geweßen, so gar sehr versichern, daß es wahr seye, daß dieße Königin seüfft. Were der printz von Wallis ein erwacksener mensch, so könten sie in Engellandt die entschuldigung vorwenden, daß sie keinen catholischen König haben wollen, allein er ist ja nur ein kindt, welchem man den glauben geben kan, wie man will, undt es ist viel leichter, weniger alß mehr zu glauben, derowegen hetten sie dießen printzen leicht reformirt machen können, wenn sie gewolt hetten. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. April 1702 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 40–41
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0498.html
Änderungsstand:
Tintenfass