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Brief vom 18. Dezember 1703

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


525.


[068]
Versaille den 18. [December 1703][1].
… Man hatt mir gleich von Strasbourg geschrieben, daß die schlagt bey Speyer verlohren worden[2], weillen die offecirer den sanct Leopoltstag zu Speyer zu starck gefeyrt haben. Mein vetter, der junge landtgraff[3], war nicht darbey; wie man sagt, soll er sich gar woll gehalten haben. Es ist wahr, daß Precontal[4] gleich geblieben ist. Erstlich wurden die Frantzoßen geschlagen, darnach bekamen sie wider die oberhandt: die Teütschen drangen wider durch, aber zuletzt gewanen die Frantzoßen die schlagt, so hatt mir es mr. Skelton verzehlt. Die Teütschen müßen verrähter undt spionen bey sich haben, wie man auß dem memoire gesehen, so man in Precontals sack gefunden. Der Torcy[5], wie man sagt, umb sich bey dem König sorgfältig zu erzeigen, lest die leütte so aufffischen undt gefangen setzen durch mr. Dargenton[6], meint doch, er were sehr gerecht undt devot. Ich weiß woll, daß er dießes leßen wirdt, ich frage aber nichts darnach undt wirdt ihm nach dem teütschen sprichwordt gehen: Der laußer[7] ahn der wandt hört seine eygen schandt[8]… Ich finde die delicatesse von der printzes von Anspach[9] recht hübsch; weillen dieße printzes E. L. so woll gefelt, wünsche ich, daß sie E. L. enckels[10] gemahlin möge werden. Man hört nichts mehr von des Churprintzens fraw mutter[11], wie sie ihr leben nun zubringt. Ich hatte woll [069] vorher gesagt, daß mein heüraht zu nichts dinnen würde, E. L. aber undt I. G. der Churfürst, mein herr vatter, haben mir nicht glauben wollen. Man muß dem König meine geselschafft greülich zuwider gemacht haben, denn er darff kein augenblick mitt mir umbgehen; zu Marly erlauben I. M. woll, daß ich sie auff die jagt folge, denn da setzt sich ein jedes gleich in sein calesch apart; aber der König hatt hir zweymahl gejagt ohne mich mitt zu nehmen, weillen ich von hir auß in sein kutzsch mitt ihm fahren müste. Erstlich hatt mich dieße verachtung, ich muß es gestehen, ein wenig geschmertzt, ich habe aber nun mein parthey gefast undt will mich nicht mehr über nichts quellen. … Es ist schadt, wenn der braffe König in Schweden kein erben nachlaßen solte, ist vielleicht, weill er wie Alexander gelebt, er auch wie Alexander sterben will. Ich habe unßern König[12] undt Königin in Spanien zu lieb, daß ich einen andern König in Spanien heyßen solte, undt wie die heyllige schrifft[13] sagt: wer die braudt hatt, der ist der breütigam, also, weillen ja unßer König in Spanien ist undt dort vor König von den völckern erkandt wirdt, muß er ja woll der rechte König sein undt der Ertzhertzog[14] nicht; seine gutte qualiteten sonst disputtire ich ihm nicht, ich glaube, daß er verstandt hatt, artig undt schön ist; ich wünsche ihm, daß er die Türcken verjagen undt Kayser von gantz Asien mögte werden, aber daß gantz Spanien unßerm jungen König bleiben möge. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. Dezember 1703 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 68–69
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0525.html
Änderungsstand:
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