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Brief vom 21. August 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


541.


[082]
Versaille den 21. Augusti 1704.
… Man kompt mir alleweill eine böße undt wunderliche zeitung sagen, ich glaube, meine leütte habens übel verstanden: sie sagen, es weren dem marechal de Tallart 26 bataillons enlevirt worden vom feindt, undt man weiß nicht, ob er nicht selber mitt unter den gefangenen ist[1]; Blanzac[2] [083] undt la Vaillier[3] sollen unter den gefangenen sein. Man soll sie gar übel tractiren, welches gar unbillig ist, denn man tractirt die gefangenen von qualitet gar höfflich hir. Auff dieße weiße wirdt der marechal de Tallar Churbayren wenig dinen können; ich kan die sach nicht begreiffen. Es geht auch ein geschrey, daß Churbayren 10 000 mann geschlagen, man weiß aber noch nicht, ob es wahr. Man kan woll wider sagen alß wie jungfer Colb alß pflegte zu sagen: es geht nirgendts wunderlicher her, alß in der welt. Solte es Tallarts schuld sein, daß die 26 bataillons enlevirt worden, wirdt es gar gewiß hir ebenso sehr gesungen werden, alß sein vetter, der marechal de Villeroy es geworden, wie man ihn zu Cremone gefangen[4]; da wirdt woll wider waß von in E. L. requeuil kommen. Villar hatt mehr hertz alß hirn, undt glaube, daß bey den Camissaren[5] nöhtig were, daß ein general mehr hirn alß courage hette…
Der Rolland[6] ist todt, man hatt ihn ertapt, daß er bey einem weibsmensch lag; hatt sich im hembt gewehrt, ist aber umbkommen. Der nun bey ihnen das commando hatt, heist Cattinat[7]. Man sicht überall betrübte undt sorghaffte gesichter von alle die verwanten, so die ihrigen gefangen wißen, undt darnach auch von allen denen, so nicht wißen, wo ihre verwanten hinkommen sein. Wer mich ahm meisten jammert, das ist mons. de Marillac[8], der hatt seinen eintzigen sohn verlohren. Man sicht überall die mütter lauffen, umb zeitung von ihren kindern zu haben, welches recht erbärmlich ist. Gott gebe, daß E. L. gutte zeittung von Hertzog Max[9] haben mögen. Man weiß noch gar kein detail von waß vorgangen ist…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. August 1704 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 82–83
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0541.html
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